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Sausgruber: "SPÖ muss für Klarheit sorgen." | Gesundheit: Verfassungsklage, falls Regierung Reform durchdrückt. | Pochen auf Spielraum für Länder. | "Wiener Zeitung": Vorarlberg hat seit 1. Juli turnusgemäß den Vorsitz in Bundesrat und Landeshauptleutekonferenz inne. Was steht auf Ihrer Agenda?
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Herbert Sausgruber: Im Mittelpunkt steht zweifellos die Koordination der Länderstandpunkte zum Thema Gesundheitsreform. Bekanntlich sind die Stellungnahmen zum Entwurf sehr kritisch. Das Durchgriffsrecht der neu konzipierten Hauptverbandsholding wird so sicher nicht akzeptiert werden.
Zeichnet sich bereits eine Kompromissformel ab?
Mir ist jedenfalls noch keine bekannt, die auch meinen Vorstellungen entsprechen würde.
In dieser Frage besteht großer Zeitdruck: Die Regierung will bereits am morgigen Donnerstag die Reform im Ausschuss beschließen.
Das wird man erst sehen. Der Bund scheint tatsächlich die Reform durchdrücken zu wollen - das ist auch eine Form des Umgangs miteinander. Und sollte sich für die Reform tatsächlich eine Mehrheit finden, so wird Vorarlberg ohne Zögern den Verfassungsgerichtshof anrufen. Diese plumpe Form des Zentralismus werden wir nicht akzeptieren.
Gibt es noch weitere Themen, die in den nächsten Monaten zu behandeln sind?
Das wird davon abhängen, ob im Herbst die Handlungsfähigkeit der Bundesregierung noch gegeben ist. Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform arbeiten wir an Lösungen für die Übertragung der Schulverwaltungen an die Länder und die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Stichwort Schulverwaltung: Ist es wirklich klug, über Organisationsformen zu verhandeln, bevor man sich noch über wesentliche Eckpfeiler des künftigen Schulsystems geeinigt hat?
Na ja, das ist nicht die Form, wie man zu guten Ergebnissen kommt. Wenn man die haben will, müssen sich die Entscheidungsträger zusammensetzen - man sollte nicht zu viel delegieren. Insgesamt sehe ich beim Thema Verwaltungsreform aber keine zweidrittel-mehrheitsfähigen Kompromisse. Allenfalls bei kleineren Schritten sind derzeit Lösungen möglich. Die Länder brauchen einen notwendigen Spielraum und haben kein Interesse an bürokratieverstärkenden Ergebnissen.
Das hört sich nach einem ruhigen Vorsitz an.
Ja tatsächlich, aber das muss nicht unbedingt schlecht sein. Ein - gravierender - Nachteil liegt allerdings darin, dass man nicht darüber nachdenkt, wo europäische Standards, wo nationale und wo regionale, im Bedarfsfall auch grenzüberschreitende Regelungsstandards notwendig sind. Das ist die wirkliche Herausforderung für ein modernes Staatsgebilde. Hier haben die Länder ein Modell ausgearbeitet, das jedoch abgelehnt wurde. Jetzt schauen wir einmal, ob anderen etwas Gescheiteres einfällt.
Wie stellt sich aus Vorarlberger Sicht die Situation auf Bundesebene dar?
Aus der Ferne sieht man weniger scharf als aus der Nähe .. .
. .. man hat aber einen besseren Überblick .. .
Ich bleibe jetzt aber einmal bei der mangelnden Sehschärfe. Zweifellos ist es aber so, dass die Situation im Bund einer Klärung bedarf. Eine Regierung braucht Berechenbarkeit, die ist jedoch durch den EU-Schwenk der SPÖ nicht mehr gegeben. Jetzt wird man sehen, ob diese Situation durch Gespräche wieder bereinigt werden kann.
Neuwahlen sind derzeit in aller Munde - auch bei Ihnen?
Ich sehe sie als letztes, aber legitimes Mittel zur Klärung.
In Vorarlberg ist die "Kronen Zeitung" praktisch nicht vertreten. Können Sie daher die Macht nachvollziehen, die diesem Medium in Ostösterreich nachgesagt wird?
Eine Zeitung kann sich eine solche Rolle nicht selbst geben, sie bekommt sie von anderen zugewiesen. Deshalb ist für mich auch nicht eine Zeitung zu kritisieren, sondern was höchste staatliche Repräsentanten aus ihrer öffentlichen Funktion gemacht haben. Meines Wissens nach ist die "Krone" seit neunzig Jahren kein Verfassungsorgan mehr.
Ihr niederösterreichischer Amtskollege Erwin Pröll hätte lieber eine größere Regierungsumbildung auf ÖVP-Seite gesehen. Sie auch?
Wir in Vorarlberg halten es so: In unseren eigenen personellen Fragen tun wir, was wir für richtig halten, und diesen Spielraum gestehen wir auch der Bundesparteiführung zu.
Mit dem Ausscheiden Platters ist jetzt jedoch kein einziges westliches Bundesland mehr im ÖVP-Regierungsteam vertreten. Egal?
Nein, das hat sicherlich eine gewisse Bedeutung und war auch bisher gelebte gute Übung, dass jemand aus dem Westen vertreten war. Aber die wirkliche Interessenvertretung der Länder geschieht durch die Landesregierung. Vorarlberger Interessen werden auch dann wirksam vertreten sein, ob wir einen, zwei oder keinen Vorarlberger in der Regierung haben.