New Yorker Börse bestätigt Angebot für Euronext. | Deutsche Börse ausgebremst. | Paris. Die Hochzeit scheint in Sicht zu sein. Wenn heute, Dienstag, die Aktionäre von Euronext in Amsterdam zusammenkommen, könnte bereits die Fusion der Vierländerbörse mit der New Yorker Börse (NYSE) verkündet werden. Die Verhandlungen zwischen New York und dem europäischen Börsenverbund, dem außer Paris und Amsterdam auch Brüssel und Lissabon sowie die Londoner Derivatbörse Liffe angehören, laufen seit mehreren Monaten. Gestern hat die NYSE ihr Angebot offiziell bestätigt. Euronext wiederum bestätigte Ende der vergangenen Woche, dass die letzten Vorbereitungen für eine "Transaktion in großem Maßstab" getroffen würden.
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Die NYSE bietet den Aktionären insgesamt 8 Mrd. Euro. Die Aktionäre würden 70,94 Euro und 0,98 NYSE-Aktien pro Euronext-Aktie erhalten. NYSE-Chef John Thain würde die neue Börse NYSE-Euronext führen. Jan-Michiel Hessels, Chef des Euronext-Aufsichtsrates, würde die gleiche Funktion im neuen Verbund innehaben. Auch Euronext-Chef Jean-François Théodore würde eine führende Position erhalten, wahrscheinlich als Stellvertreter von Thain. Sitz der neuen Börse würde New York werden. Die europäischen Börsen erhielten aber eine große Autonomie, gerade auch in Hinsicht auf die Börsenaufsicht.
Vorteile für beide Seiten
Euronext erhofft sich von der Fusion, dass sie vom guten Ruf der NYSE profitieren kann - diese wird noch immer als die führende Börse der Welt gesehen. Für die NYSE bedeutet die Fusion, dass sie für Emittenten aus aufstrebenden Märkten wie Russland, Indien und China attraktiv wird. Bisher zieht es solche Emittenten eher an die Londoner Börse, deren Kotierungsregeln weniger streng sind. Außerdem könnte die NYSE von den Euronext-Erfahrungen mit dem elektronischen Handel profitieren. Die französische Regierung scheint dem Angebot aufgeschlossen gegenüber zu stehen. Finanzminister Thierry Breton sagte, dass er auch künftig eine "starke Tätigkeit in Paris" wünsche.
Das offizielle Angebot aus New York ist nur wenige Tage nach jenem aus Frankfurt eingegangen. Die Deutsche Börse hatte am Freitag nach sechsmonatigen Verhandlungen ihr Angebot veröffentlicht.
Allerdings ist die deutsche Offerte nicht auf Gegenliebe in Paris gestoßen. Insbesondere lehnt Euronext es ab, dass sich der Schwerpunkt einer europäischen Börsenlösung nach Frankfurt verschöbe. Die Deutsche Börse hatte zudem gefordert, dass ihr Chef, der Schweizer Reto Francioni, auch Patron einer fusionierten Börse würde. Dieses Übergewicht der Deutschen wird sowohl von Euronext wie der französischen Regierung abgelehnt. Die Deutsche Börse hat eine Marktkapitalisierung von 11,3 Mrd. Euro, fast 50 Prozent mehr als Euronext.
Erste - und nicht letzte
NYSE-Euronext wäre die erste transatlantische Börse, aber wohl nicht die letzte: Die New Yorker Technologiebörse Nasdaq war Ende März zwar mit einem offiziellem Angebot für die Londoner Börse (LSE) gescheitert. Seither hat sie aber 25,1 Prozent der LSE-Aktien aufgekauft. Einen Übernahmeversuch der Deutschen Börse vor einem Jahr verhinderten die eigenen Aktionäre.