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Nibelungentreue, wohl kalkuliert

Von Walter Hämmerle

Analysen

Trotz negativer Schlagzeilen wird Strache der FPK die Treue halten.


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Wien/Klagenfurt. Gottseidank gibt es ja noch SPÖ und ÖVP, wird sich FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache dieser Tage denken. Die beiden Parteien sorgen nämlich im Alleingang dafür, dass so manche Idee der derzeit etwas unrunden Kärntner Freiheitlichen nicht umgesetzt wird. Etwa der Vorschlag, wenn schon Neuwahlen im südlichsten Bundesland, dann doch bitte im kommenden Frühjahr - und zwar in einem Aufwaschen mit den Nationalratswahlen, deren regulärer Termin im Herbst 2013 ansteht.

Manchmal geschieht es eben doch, dass Rot, Schwarz und Blau die gleichen Interessen verfolgen; ein Auseinanderhalten von Nationalratswahlen und Kärntner Landtagswahlen ist so ein Fall. Einziger Nutznießer eines solchen doppelten Wahlsonntags wäre die FPK, die um ihre einzige Machtbasis kämpft und deren eigene Rolle bei den Malversationen in einem bundesweiten Urnengang aus den Schlagzeilen an den Rand verdrängt werden würde.

Straches FPÖ ist zwar mit den Kärntner Freiheitlichen strategisch verbunden, aber so weit, dass er sich seine ganz gegen Rot-Schwarz, die Ausländer und Europa ausgerichtete eigene Wahlkampfstrategie von den Skandalen der Verwandtschaft im Süden durchkreuzen ließe, so weit geht seine oft betonte Liebe zu Land und Leuten dann wohl doch nicht. Wie gesagt: Gut, dass SPÖ und ÖVP dafür sorgen, dass aus der Idee ganz sicher nichts werden wird.

Von dieser kleinen Irritation abgesehen, ist es höchst unwahrscheinlich, dass Strache seine strategische Allianz mit den Kärntner Freiheitlichen grundsätzlich infrage stellt. Daran wird auch der jetzt aufkochende Sumpf aus Korruption und Misswirtschaft nichts ändern, über dem die Erben des Jörg Haiders heute noch thronen.

Auf der Habenseite dieses Bündnisses stehen aus Sicht der Bundes-FPÖ die Kärntner Stimmen aus dem freiheitlichen Lager. Die 45 Prozent aus der Landtagswahl 2009 werden nach menschlichem Ermessen beim nächsten Mal nicht zu halten sein, aber für plus/minus 35 Prozent werden die Freiheitlichen in ihrem Kernland wohl auch in Zukunft gut sein; und dieser Wert liegt deutlich über dem Durchschnitt der FPÖ-Wahlergebnisse in den anderen Bundesländern.

Strache hat die Zeit, diese Krise der Kärntner Freiheitlichen auszusitzen. In Hintergrundgesprächen mit Journalisten lässt der FPÖ-Obmann zudem immer wieder anklingen, dass die kommenden Nationalratswahlen ohnehin für ihn allenfalls ein Zwischenschritt sein werden auf dem Weg zu seinem großen Ziel, die Nummer eins zu werden. Das mag womöglich persönliche Koketterie sein, es gibt aber auch etliche gute Gründe, die für den nüchternen Ausblick des FPÖ-Obmanns sprechen.

Erstens, die Krise. Anders als in vielen durchaus vergleichbaren europäischen Ländern tendiert der durchschnittliche österreichische Wähler in schweren Zeiten eher dazu, bei der Stimmabgabe bei einer der beiden etablierten Parteien sein Kreuz zu machen. Darauf deuten auch die Umfragen, seit dem Ausbruch der Finanz- und Schuldenkrise hin. Dadurch, dass beide "natürlichen" Regierungsparteien rechts und links der Mitte in einer Art ewigen großen Koalition gemeinsam koalieren, fehlt es der Opposition nicht nur an eigener Regierungserfahrung, sondern auch an politischer Durchschlagskraft. Letzteres Manko wird noch dadurch verstärkt, dass FPÖ, Grüne und BZÖ von tiefen ideologischen und/oder persönlichen Gräben getrennt werden und deshalb nur in Ausnahmefällen gemeinsam gegen die Koalition marschieren.

Der Frust mit der vorherrschenden Form, Politik zu betreiben, mag unter den Wählern deshalb also groß sein, eine ausgeprägte Wechselstimmung sieht dennoch anders aus.

Zweitens, der fehlende Partner. Für sein Ziel, Bundeskanzler zu werden, benötigt Strache einen Partner. Der ist aber aus heutiger Sicht nirgendwo zu sehen. Es war schon vor dem Platzen der Kärntner Korruptionsblase höchst unwahrscheinlich, dass eine auf Platz drei zurückgefallene Volkspartei den FPÖ-Obmann - im Falle einer gemeinsamen Mehrheit - zum Regierungschef kürt; und nach den denkwürdigen Geständnissen von Steuerberater Dietrich Birnbacher und dem mittlerweile zurückgetretenen VP-Chef Josef Martinz ist dies praktisch ausgeschlossen. Zu tief sind die Verletzungen, welche die beiden vom Untergang bedrohten Parteien einander in ihrem Überlebenskampf nun gegenseitig beibringen. Dass der schwarze steirische Klubchef Christopher Drexler die Freiheitlichen am Wochenende als "Bagage" bezeichnete", dürfte etlichen ÖVP-Funktionären aus der Seele gesprochen haben. Und umgekehrt hat Strache schon des Öfteren festgehalten, dass es zu keiner Wiederholung der Konstellation aus dem Jahre 2000 kommen wird, als die FPÖ als zweitstärkste Partei der drittplatzierten ÖVP den Kanzler überließ.

Drittens, der Bundespräsident. Heinz Fischer würde es zwar nie unzweideutig feststellen, dennoch ist nur schwer vorstellbar, dass der amtierende Bundespräsident ohne zwingende Notwendigkeit Strache als Kanzler angelobt.

Viel spricht dafür, dass sich an der grundlegenden Ausrichtung der heimischen Politik in den nächsten Jahren nichts ändert.