SPÖ einigt sich auf Unterzeichnung von Ceta, stellt aber Bedingungen für Ratifizierung. | Wallonisches Regionalparlament stimmt dagegen und blockiert Belgiens Zustimmung.
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Wien. "Die Bundesregierung wird ermächtigt, den Vertrag zu unterfertigen", sagte Kanzler Christian Kern am Freitag nach der SPÖ-Präsidiumssitzung zu Ceta. "Das bedeutet, dass wir Ceta und den weiteren Ratifizierungsprozess nicht behindern werden." Das wiederum bedeutet, dass Wirtschaftsminister und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner am Dienstag beim Handelsministertreffen in Brüssel der Unterzeichnung des Freihandelsabkommens zwischen Kanada und der EU seitens Österreich zustimmen wird.
Die Zustimmung Österreichs lässt sich am besten mit einem "Ja, aber" zusammenfassen. Denn der Kanzler stellt für die Ratifizierung des Abkommens - dieses muss ja nach der Unterzeichnung noch durch die Parlamente aller EU-Mitgliedstaaten - weitere Bedingungen. "Nicht alle Bedenken sind ausgeräumt", sagte Kern. Vorbehalte gebe es etwa weiterhin beim Thema Investitionsschutz und internationale Schiedsgerichtsbarkeit.
Zudem müsse gewährleistet werden, dass ein Staat auch einseitig aus dem Abkommen aussteigen könne. Zu diesem Urteil ist am Donnerstag auch ein deutsches Verfassungsgericht gekommen. Außerdem müsse sichergestellt sein, dass der sogenannte Ceta-Rat "demokratisch besetzt" werde. Dieser hat weitreichende Befugnisse und kann auch bestimmte Punkte im Vertrag nachträglich ändern.
"Der österreichische Klamaukhat sich durchgesetzt"
"Der österreichische Klamauk hat sich voll und ganz durchgesetzt", sagte Kern vor Journalisten in Richtung von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Dieser hatte Österreichs Vorbehalte als "Klamauk" bezeichnet.
Trotz der Zustimmung im Parteipräsidium ist die SPÖ in der Sache Ceta weiterhin gespalten. Noch zehn Minuten vor Beginn der Sitzung hatte Gewerkschafts-Chef Erich Foglar betont, dass aus Sicht des Gewerkschaftsbunds "Ceta nicht zustimmungsreif" sei. Der ÖGB sieht etwa Nachbesserungsbedarf bei der öffentlichen Daseinsvorsorge sowie bei Sozial-, Arbeitsrechts- und Umweltstandards. Ihren Unmut tat auch die Sozialistische Jugend mit einer Demonstration kund.
Die Reaktionen auf Kerns Ankündigung bewegten sich zwischen Enttäuschung auf der einen und Erleichterung auf der anderen Seite. IV-Präsident Georg Kapsch zollte Kern und dem SPÖ-Präsidium Respekt dafür, "dass sie sich schließlich gegen Populismus und für die Chancen von Ceta (. . .) entschieden haben." Die FPÖ sieht in der Entscheidung hingegen einen "Kniefall vor der EU". Die Umweltschutzorganisation Greenpeace betonte, dass sie den Kampf gegen Ceta auf allen Ebenen weiterführen werde.
Wallonen könntenCeta kippen
Mit dem Ja aus Österreich ist Ceta aber noch lange nicht durch. Am Freitag hat das wallonische Regionalparlament in Belgien mit deutlicher Mehrheit (46 zu 16 Stimmen) gegen das Abkommen gestimmt. "Belgien wird den Vertrag am 27. Oktober nicht unterzeichnen", rief der sozialistische Premier der Region, Paul Magnette, zum Ende der Debatte unter langem Beifall.
Die Regionalparlamente haben in Belgien weitreichende politische Mitspracherechte. Ohne Zustimmung von Flamen, Wallonen und Deutschen sind der belgischen Zentralregierung, die Ceta unterstützt, die Hände gebunden. Offiziell kann Belgien dem Freihandelsabkommen mit Kanada jetzt nicht mehr zustimmen. Hinter den Kulissen laufen aber Gesprächen darüber, ob es doch noch eine Lösung geben kann.
Bis das Ceta-Abkommen voll in Kraft tritt, kann es noch Jahre dauern. Denn der völkerrechtliche Vertrag muss noch von allen nationalen Parlamenten abgesegnet werden. Zuallererst müssen aber erst einmal alle EU-Staaten zustimmen. Was passiert, wenn ein Mitgliedstaat "nein" sagt, weiß aus heutiger Sicht niemand.
Und was ist mit TTIP? "Auf Basis des aktuellen Verhandlungsmandates ist TTIP nicht abzuschließen", sagte Kern. Österreich kann der Kommission zwar nicht das Verhandlungsmandat entziehen. Allerdings werde es der Ratifizierung nicht zustimmen.