Berlin/Wien - In Österreich ist schon seit längerem eine heiße Diskussion um die Förderung von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK) in Gang. Die selben Auseinandersetzungen gab es in Deutschland. Während in Österreich die Grabenkämpfe zwischen Wien Energie und dem Bund in Form von Stromregulator Walter Boltz stattfanden, fanden die Querelen in Deutschland innerhalb der Regierungspartei SPD statt. Die Deutschen haben sich Anfang April durchgerungen, einen in alle Bundesländern einheitlichen KWK-Zuschlag einzuheben. Die Wiener Stadtwerke wünschen dies auch für Österreich.
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"Das deutsche Parlament hat gegen die Regierung respektive gegen Wirtschaftsminister Werner Müller geputscht". Mit diesen Worten umreißt Bundestagsabgeordneter Volker Jung den Beschluss des KWK-Gesetzes gegen den Willen des Wirtschaftsministers. Und der Minister, der aus der Wirtschaft kam, sei wegen der Kränkung noch immer sauer, heißt es. Warum Müller die KWK-Regelung abblocken wollte, ist leichter zu Verstehen, wenn man seine Vergangenheit kennt: Er war 18 Jahre beim Atomstromproduzenten E.ON beschäftigt. Die Verbindung gilt wegen Pensionsansprüchen aus dieser Zeit immer noch als sehr eng. Und es war die Atom-Lobby, die das KWK-Gesetz unbedingt zu Fall bringen wollte. E.ON und RWE, die beiden Stromgiganten, machten Druck und hatten sogar teilweise Erfolg. Der Enwurf wurde in ihrem Sinn geändert: Die Abgeltung nach Quoten flog raus. Stattdessen gibt es jetzt ein Bonussystem: Jeder, der KWK-Strom ins Netz einspeist, bekommt für die Kilowattstunde (kWh) 1,5 Cent Förderung. Den Haushaltskunden kostet die kWh 0,27 Cent. Privilegien konnte sich die Großindustrie herausschlagen, die Betriebe müssen nur 0,05 Cent pro kWh abliefern. Noch besser trifft es jene Branchen, deren Stromkosten 4% des Umsatzes ausmachen: Für sie fallen gar nur 0,025 Cent pro kWh an. Mit diesem Kompromiss waren vor allem jene Stadtwerke glücklich, die selbst keinen Strom produzieren, sondern ihn nur verkaufen, berichtet Peter Bossert, Geschäftsführer der DREWAG (Desdner Stadtwerke). Insgesamt sollen 4,45 Mrd. Euro investiert werden.
Die DREWAG sowie die Berliner BEWAG sind die größten Produzenten von KWK-Strom. Bossert sieht die unterschiedliche Tarifgestaltung kritisch: "Die Industrie hat sich wie bei der Ökosteuer durchgesetzt. Jene, die viel Strom verbrauchen, werden nicht zur Kasse gebeten, die Haushalte tragen bei beidem die Hauptlast." (Bei der Ökosteuer ist das produzierende Gewerbe begünstigt.) Begründet wurde die Ungleichbehandlung mit dem Argument: Man dürfe die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie nicht beeinträchtigen, schließlich hängen viele Arbeitsplätze daran. Dies ist auch ein Grund, warum sich der Verband der kommunalen Unternehmen, in Person des vku-Geschäftsführers Michael Wübbels, mit dem Kompromiss zufrieden zeigt. Doch das letzte Wort ist in Sachen KWK-Zuschlag in Deutschland noch nicht gesprochen. Denn sobald gewisse Verbrauchergruppen von einer Abgabe weniger stark betroffen sind als andere, dann besteht der indirekte Fördertatbestand. Die Ausnahme von der Gleichbehandlung ist eine Sonderförderung, die bei EU-Gremien angefochten werden könnte.
Wübbels sieht die Sache jedoch nicht so dramatisch, obwohl sich Verbraucherverbände schon ablehnend geäußert haben: "Jeder Haushalt zahlt pro Monat circa 6 Euro zusätzlich, keine allzugroße Summe." Noch dazu, wo den Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen nachgesagt wird, dass sie zur Reduktion von Kohlendioxid beitragen. Dieser Hauptgrund der Förderung steht noch unter wissenschaftlichem Kuratel. Eine Studie soll nun belegen, dass die umweltpolitischen Ziele - eine CO2-Verminderung bis 2010 um 45 Mill. Tonnen - annähernd zur Hälfte (20 Mill. Tonnen) durch den Umbau alter und die Errichtung moderner KWK-Anlagen erreicht werden kann.
Mit einer ähnlichen Regelung wären die Wiener Stadtwerke sehr zufrieden. Sie mühen sich derzeit mittels Inseraten redlich, dem KWK-Zuschlag den Geruch der "Stromsteuer" zu nehmen. Derzeit heben den Zuschlag Wien, die Steiermark und Kärnten ein. Stadtwerke-General Karl Skyba wünscht sich, dass wie bei der Kleinwasserkraft-Förderung, alle heimischen Stromverbraucher einen Beitrag für diese "umweltfreundliche und ökonomisch sinnvolle Energieform" leisten. Die Frage einer Staffelung ist noch offen.