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Es rumort in den Kreisen der medizinischen Wissenschaft. War man es lange gewohnt, dass auch von sensationellen Publikationen und Durchbrüchen abseits der Fachwelt kaum Notiz genommen wurde, sind jetzt in der Pandemie natürlich alle Suchscheinwerfer an. Das - und die Aussicht auf ordentliche Gelder - zieht natürlich Glücksritter aller Art an. In der renommierten Publikation "Science" gab es daher einen Rüffel: "Krisen sind keine Entschuldigung dafür, wissenschaftliche Standards abzusenken", warnen Ethiker und rufen dazu auf, die Corona-Pandemie nicht als Grund dafür zu betrachten, bei der Therapie- und Impfstoff-Suche die strengen Forschungsstandards aufzuweichen. Der Ausbruch habe zu zahlreichen Studien geringer Qualität geführt, die schlecht konzipiert waren, in voreingenommener Weise Schlüsse zogen und ohne die übliche Beurteilung durch Fachkollegen veröffentlicht wurden. Dabei werde oft die Auffassung vertreten, dass Notfälle im Bereich der öffentlichen Gesundheit Ausnahmen von den hohen Forschungsstandards erfordern würden. Nun, das mag für Wissenschafter ein Gräuel sein. Die Realität ist freilich auch: Die Welt hat keine Zeit, um bis 2026 auf die große, exakte Retrospektiv-Studie zu warten. Denn Antworten sind jetzt nötig. Sicherlich, Standards sind unerlässlich, aber wo immer diese auch mit höherer Geschwindigkeit einzuhalten sind, sollte man das tun. Langsam ist genauso wenig immer sicherer als zügig immer schlampig. Vor allem, wenn es um Leben und Tod geht.