Minister will Freiwilligenheer. | Mix aus Berufs- und Zeitsoldaten. | Das Volk soll entscheiden. | Wien. So schnell kann aus einem Wahlkampfgag etwas Konkretes werden: Anfang Oktober forderte Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) in der "Kronen Zeitung" eine Volksbefragung über die Wehrpflicht (und sicherte sich so das Wohlwollen des Boulevardblattes, das seit Monaten gegen die Wehrpflicht anschreibt), am Montag präsentierte Verteidigungsminister Norbert Darabos bereits alternative Modelle - und zeigt eine klare Präferenz. | Pröll-Absage an Pläne von Darabos, Grüne gegen Miliz | Analyse: Streit um die Wehrpflicht täuscht - die Chance auf einen Kompromiss lebt
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Sieben Modelle entwickelte der Generalstab in den vergangenen Monaten, ausgehend von den bisherigen Aufgaben des Heeres. Bemerkenswerterweise scheint die "militärische Landesverteidigung" in der Aufzählung des Verteidigungsministers erst als letzter Punkt auf. Schließlich, so Darabos, sei Österreich nur von friedlichen Nachbarn umgeben, und der Panzerkrieg im Marchfeld drohe nicht mehr. Viel wichtiger seien daher Katastrophenhilfe ("90 Prozent der Bevölkerung halten das für die wichtigste Aufgabe") und Auslandseinsätze.
Diese Aufgaben werden durch die derzeitige Wehrpflichtigenarmee zu einem Preis von 2,18 Milliarden Euro (plus Eingriff in die persönliche Freiheit der Wehrpflichtigen) erfüllt. Deutlich besser machen könnte dies ein reines Berufsheer, allerdings zu um 50 Prozent höheren Kosten, weshalb eine Realisierung "nicht vorstellbar" sei.
"Politische Bedenken"
Bedenken hat Darabos "aus politischen Gründen" auch bei den Modellen 4 (Heer nur für Auslandseinsätze, nicht aber für Katastrophenhilfe), 5 (keine Auslandseinsätze, dafür aber Katastrophenhilfe), 6 (freiwilliger Grundwehrdienst, wobei aus den Freiwilligen dann Berufs-, Zeit- und Milizsoldaten rekrutiert werden sollen) und 7. Letzteres ist ähnlich wie das von Darabos bevorzugte Modell 3 eine Freiwilligenarmee, allerdings mit mehr Berufssoldaten, nämlich 11.000.
Von diesen soll es laut Verteidigungsminister aber nur 9500 geben. Dazu kommen 5500 Zeitsoldaten, die sich für drei bis vier Jahre verpflichten und die Truppe stellen sollen. Um ihnen den anschließenden Wechsel ins Zivilleben zu erleichtern, sollen berufliche Weiterbildungsmaßnahmen angeboten werden. Für die verpflichtenden Auslandseinsätze soll es Prämien von 7200 Euro pro Jahr geben.
Ergänzt werden soll diese Truppe durch 10.000 Milizsoldaten, die für mindestens zehn Jahre verpflichtet werden, an jährlichen Übungen teilzunehmen und für Katastropheneinsätze zur Verfügung zu stehen. Dafür sollen sie mit 5000 Euro jährlich vergütet werden. Für den worst case sollen weitere 23.000 "beorderte" Milizsoldaten bereitstehen, die allerdings keine Übungen absolvieren müssen. Um das System am Laufen zu halten, werden laut Darabos jährlich 2000 neue Soldaten benötigt, 850 davon für die Miliz, der Rest als Zeitsoldaten.
Heer bleibt gleich teuer
Modell 3 brächte zwar das Aus für die Wehrpflicht, sie würde jedoch nicht abgeschafft, sondern nur ausgesetzt. Schließlich könne sich die sicherheitspolitische Lage jederzeit ändern, so Darabos.
Billiger wird das neue Heer nicht, auch wenn 2000 Zivilbedienstete und 3500 Berufssoldaten abgebaut werden (bei gleichzeitig 3700 Zeitsoldaten mehr). Die Reduzierung der Posten soll ohne Kündigungen geschehen, etwa durch Versetzungen in andere Ministerien.
Dass sich Generalstabschef Edmund Entacher gegen eine Änderung des derzeitigen Wehrpflichtsystems ausspricht, davon zeigte sich Darabos unbeeindruckt: "Es gilt das Primat der Politik." Binden lassen will er sich höchstens durch das Volk - ob mittels Abstimmung oder Befragung ließ er offen. Darabos rechnet mit einem halben Jahr, bis die "historische Aufgabe" abgeschlossen werden kann. Ein halbes Jahr, um die Kritiker - Koalitionspartner ÖVP, Bundespräsident Heinz Fischer und die Generäle - von der neuen SPÖ-Linie zu überzeugen.