Der Präsident der Industriellenvereinigung warnt vor einer "schweren Krise in den nächsten fünf Jahren", falls echte Reformen weiter ausbleiben sollten.
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Wien. Georg Kapsch wünscht sich eine "neue Generation von Politikern". Nur die könne die aus seiner Sicht verkrusteten Strukturen in Österreich aufbrechen, meint er. Kanzler Christian Kern und Finanzminister Hans Jörg Schelling will der Chef der Industriellenvereinigung (IV) die "Reformkompetenz" zwar nicht absprechen. Jene Reformen, die laut Kapsch unbedingt notwendig sind (etwa bei den Pensionen, im Gesundheitsbereich und in der Verwaltung), müssten aber jetzt in Angriff genommen werden. "Sonst kommt der Showdown, wie das in Schweden in den 1990er Jahren der Fall war", so Kapsch. Konkret warnt der IV-Präsident damit vor einer "schweren Krise in den nächsten fünf Jahren".
Was Kapsch generell vor allem vermisst: Die Politik diskutierte hierzulande über alles Mögliche, nur "nicht über eine Vision für Österreich, ein Gesamtkonzept". Seine Vision für 2025 wäre jedenfalls, dass Österreich mit seinem Wirtschaftswachstum, seiner Innovationskraft sowie einer niedrigen Arbeitslosenrate zu den führenden Ländern der Welt gehört - und auch in der Bildung. Dafür müssten aber Budgetüberschüsse produziert werden, nur so verschaffe sich der Staat finanziellen Spielraum für notwendige Investitionen in die Zukunft.
"Immer nur Reförmchen"
Zum jüngst paktierten Finanzausgleich sagt Kapsch, dieser sei ein gutes Beispiel dafür, dass es in Österreich statt echter Reformen "immer nur Reförmchen" gebe. Großes werde halt nicht angegangen. Dabei hätte es diesmal "die Chance gegeben, eine Aufgabenreform zwischen Bund und Ländern durchzuführen", so Kapsch. "Nein - wieder nicht." Wieso die Länder wieder mehr Geld bekommen, ist für den Chef der Industriellenvereinigung "nicht nachvollziehbar". Sein Fazit: "So wie wir den Föderalismus leben, ist er das Teuerste, was es gibt."
Unabhängig davon hat Kapsch am Dienstag im Klub der Wirtschaftspublizisten den Ruf der IV nach einem "Industriepaket" der Bundesregierung erneuert. Dieses sollte noch heuer geschnürt werden und auf alle Fälle einen Betrag in "dreistelliger Millionenhöhe" auf die Waage bringen.
Geht es nach den Industrievertretern, sollte das Paket nicht nur höhere Investitionsfreibeträge sowie eine höhere Forschungsprämie beinhalten, sondern auch die Entbürokratisierung vorantreiben (zum Beispiel im Lohn- und Sozialdumpinggesetz). Außerdem sollte das Paket eine Erhöhung der Tageshöchstarbeitszeit auf zwölf Stunden - für den Bedarfsfall und bei entsprechenden Gleitzeitregelungen - enthalten. "Wir würden dabei weder Geld noch Zeit wegnehmen", betont Kapsch.
Auch KÖSt-Senkung gefordert
Eine weitere Forderung der Industriebranche bezieht sich auf eine Senkung der Körperschaftsteuer (KÖSt). Wie Kapsch erklärt, wird dabei folgendes Modell präferiert: Gewinne, die ausgeschüttet werden (etwa in Form von Dividenden), sollten wie bisher mit 25 Prozent besteuert werden, während man den Steuersatz für Gewinne, die für das Eigenkapital einbehalten werden, auf 12,5 Prozent halbieren sollte. Eine solche Regelung wäre der IV lieber, als die KÖSt generell auf 22 oder 20 Prozent runterzufahren.
Über die KÖSt fließen dem Fiskus jährlich rund sechs Milliarden Euro in die Kassen. Jede Absenkung des Steuersatzes um einen Prozentpunkt würde rund 250 Millionen Euro kosten. Bei einer Senkung auf 12,5 Prozent für nicht entnommene Gewinne wäre laut Industrie mit einem Steuerentfall von zirka zwei Milliarden Euro pro Jahr zu rechnen - unter der Annahme, dass ungefähr ein Drittel der Gewinne ausgeschüttet und rund zwei Drittel einbehalten werden. Wie die IV anhand eines Beispiels vorrechnet, würde eine Senkung der KÖSt um eine Milliarde Euro das Bruttoinlandsprodukt um 0,44 Prozentpunkte steigern, um 0,87 Prozent mehr Investitionen generieren und um 0,16 Prozent mehr Beschäftigung. Im Endeffekt würde sich eine solche Senkung zu 54 Prozent selbst finanzieren, heißt es bei der Industriellenvereinigung.