Zahlenspiele: Buch veranschaulicht die gängigsten Methoden, mit denen Statistiken und Grafiken manipuliert werden.
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Zahlen sind verlässlich. Sie vermitteln ein Gefühl der Sicherheit, der Wahrheit, der Objektivität. Doch sie sind nicht einfach neutral, sondern dienen sehr oft als Gehilfen für bedarfsorientierte Zahlenspiele. Der Mathematiker Gerd Bosbach und der Journalist Jens Jürgen Korff blicken in ihrem aktuellen Buch "Lügen mit Zahlen. Wie wir mit Statistiken manipuliert werden" hinter die Kulissen der Statistikmacher. Sie zeigen in 16 Kapiteln die gängigsten Tricks bei der Darstellung von Grafiken und Statistiken.
Aber keine Angst: um zu verstehen, wie man tagtäglich mittels öffentlicher Statistiken manipuliert wird, braucht man kein Mathematiker sein, kein Logik-Genie oder in der Schule mit guten Noten beim Rechnen geglänzt zu haben. Denn die Autoren stellen den Sachverhalt in leicht verständlicher und unterhaltsamer Sprache dar, sie frischen altes Wissen auf und sorgen für so manche Aha-Erlebnisse. Ihre Beispiele kommen vor allem aus der Welt der Zukunftsprognosen und aus den Bereichen Soziales und Politik, darunter vor allem Gesundheit, Ausbildung und Arbeitswelt.
Will ein Politiker beispielsweise Angst vor Asylwerbern oder Ausländern schüren, gibt es nichts Einfacheres als den Griff zur Statistik. Die Autoren zitieren einen deutschen Politiker, der dazu aus einer Erhebung über die Anzahl von Asylwerbern einfach diejenigen Nationalitäten herausgriff, die besonders stark zugenommen hatten. Mit einem wahren Abbild von Asylverfahren hat dies allerdings nichts zu tun.
Kriminalstatistiken
Oder ein anderes, auch hierzulande gern genanntes Verfahren, das die Kriminalität von Ausländern betrifft: Oft will mit Statistiken bewiesen werden, dass Ausländer krimineller wären als Inländer. Dabei werden aber viele andere Variablen, die für eine Abbildung der Wirklichkeit relevant sind, außer Acht gelassen: dazu zählen zum Beispiel das Alter (so ist Kriminalität bei jungen Menschen stärker ausgeprägt und unter Migranten ist der Anteil an Jugendlichen überdurchschnittlich hoch), das Geschlecht (die meisten Kriminellen sind männlich), soziale Herkunft und die Art der Delikte (es werden vor allem Delikte erfasst, die von sozial Schwachen begangen werden - im Unterschied zu Taten wie Steuerhinterziehung, oder Umwelt-oder Wirtschaftsvergehen) oder Unterschiede zwischen Land und Stadt. (Mehr Verbrechen werden in urbanen Gebieten begangen).
Es geht aber auch viel einfacher: so ist eine Statistik über Zuwanderung nur dann korrekt, wenn sie auch Abwanderung aufweist.
Bosbach und Korff haben mit "Lügen mit Zahlen" ein sehr didaktisches und methodisches Buch veröffentlicht. Sie füllen das übersichtliche Buch mit vielen Beispielen – auch zum Selberrechnen; am Ende des Buches ist dem Üben gar ein eigenes Kapitel gewidmet. Der lockere Stil und die persönliche Anrede an den Leser machen den manchmal an Lebensratgebern erinnernden Erzählungen wieder wett. Aber auch die verschiedenen Erzählarten erfrischen, sei es mittels persönlicher Erlebnisse, mittels Interviewform, mittels Dialogen oder fiktiver Gespräche mit Philosophen. Gut sind auch die ausgewählten Literaturhinweise am Ende des Buches.
Der französische Philosoph und Dichter Voltaire hat einmal gesagt, dass je häufiger eine Dummheit wiederholt wird, desto mehr sie den Anschein von Klugheit bekommt. Die Autoren wollen Statistiken nicht per se verdammen, sondern Voltaires Aussage Aufklärung entgegensetzen. Und das gelingt ihnen perfekt.
LinkDie Website zum Buch
Gerd Bosbach, Jens Jürgen Korff,
Lügen mit Zahlen. Wie wir mit Statistiken manipuliert werden. 320 Seiten, mit Graphiken. 2011, Heyne Verlag. ISBN: 978-3-453-17391-0