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Nicht einmal ein fester Händedruck

Von Peter Hilpold

Gastkommentare
Peter Hilpold ist Professor für Völkerrecht, Europarecht und Vergleichendes Öffentliches Recht an der Universität Innsbruck und Autor von mehr als 250 Publikationen. privat

Der Abbruch wissenschaftlicher Pionierarbeit erinnert an k.u.k. Zeiten.


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Wer die heutigen Probleme Österreichs verstehen (und vielleicht sogar lösen) will, ist gut beraten, sich mit der Endzeit der k.u.k.-Monarchie zu beschäftigen: eine Nation mit genialen Intellektuellen, voller innovativer Ideen, mit Tatkraft und großem Unternehmensgeist, gelähmt aber durch überholte Hierarchien, Dünkel, Bürokratie, Vetternwirtschaft und Postenschacher.

Einem solchen Wechselbad der Gefühle ausgesetzt sehen muss sich, wer im akademischen Bereich in Österreich arbeitet: ein kleines Land mit enormem Potenzial und überwältigend vielen Ideen, die aber wieder an unsichtbaren Barrieren scheitern. Diesen Eindruck hatte zumindest der Unterfertigte, als er über ein Jahr den Werdegang eines faszinierenden, international sicher einzigartigen Projektes, geleitet vom TU-Professor Markus Haslinger und vom freiberuflichen Wissenschafter und Publizisten Stefan Weber, mitverfolgen durfte.

Die beiden bauten innerhalb der Österreichischen Forschungsgemeinschaft (ÖFG) eine Arbeitsgruppe von 30 Wissenschaftern auf, die Grundfragen der "Guten Wissenschaftlichen Praxis" in einzigartiger Tiefe und Intensität diskutierten. Die Veranstaltungen wurden hybrid angeboten, sodass eine Teilnahme österreichweit problemlos möglich war, wobei sich in den letzten Sitzungen immer mehr auch namhafte Wissenschafter zuschalteten. Geplant war eine weitere Internationalisierung über den deutschen Sprachraum hinaus mit Zusagen von Experten von Weltruf. Profunde Studien waren angedacht, etwa eine grundlegende Analyse der einschlägigen Regelungen des österreichischen Universitätsgesetzes, das - bekanntlich generell legistisch höchst problematisch - im Bereich der "Guten Wissenschaftlichen Praxis" an Widersprüchen und Ungereimtheiten geradezu überquillt.

Dann am Jahresende - inmitten einer geradezu euphorischen Planungsphase zum zukünftigen Arbeitsprogramm - die kalte Dusche: Das Projekt wurde eingestellt. Begründung wurde bisher keine geliefert. Was informell nach außen gedrungen ist, erinnert wieder an k.u.k.-Zeiten. Dabei hätte der zunehmenden Kritik an den Vorgängen in der österreichischen Wissenschaftslandschaft hiermit entgegengehalten werden können, dass in Österreich nicht nur ernsthaftes Bemühen zur Behebung der Fehler der Vergangenheit, sondern auch das Potenzial zur Erreichung einer internationalen Vorbildrolle gegeben wäre.

Erfinder, die im 19. Jahrhundert nach Wien zum Kaiser pilgerten, um ihm voller Stolz von ihren Entdeckungen zu berichten, erhielten von diesem einen festen Händedruck, einen Golddukaten und eine warme Mahlzeit. Die Erfindung landete in der Regel im Archiv - und wurde dann einige Jahre später im angloamerikanischen Bereich von anderen angemeldet und industriell vermarktet. Den Golddukaten gibt’s nicht mehr, und die warme Mahlzeit lässt sich online auch nicht mehr verabreichen. Aber das, was an die Stelle des majestätischen festen Händedrucks getreten ist, das wäre unter dem Kaiser undenkbar gewesen.

Zu viele hochwohlgewordene Empfindsamkeiten wurden berührt, zu viel Transparenz geschaffen, zwar nicht in der Arbeitsgruppe, die rein an abstrakten Themen gearbeitet hat, sondern im privaten Brotberuf eines besonders aktiven Mitglieds. Aber in einem so kleinen Land, ich bitt’ Sie, lässt sich das Private von der (wenn auch unbezahlten) Funktion doch nicht trennen: "Das war nicht schön, das hat Uns nicht gefreut!"