Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 7 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Es herrsche "Krieg" in der Koalition, weil die SPÖ den ORF-Vorschlägen der ÖVP nicht folgte. Demnach sollten ein "schwarzer" Generalsekretär und ein "schwarzer" Finanzdirektor die Scharte auswetzen, die durch die Niederlage Richard Grasls bei der Generaldirektoren-Wahl geritzt worden war. Die "Presse" erwartet deswegen sogar Neuwahlen.
Nun ist der ORF nicht nur das größte Medienunternehmen des Landes, sondern auch öffentlich-rechtlich. Die Parlamentsparteien nehmen damit stellvertretend so etwas wie eine Eigentümerrolle wahr, denn das Parlament hat die "Stiftung öffentlichen Rechts", die der ORF ist, beschlossen und eingerichtet. Daraus zu schließen, dass diese politischen Parteien damit die Schlüsselfunktionen im ORF besetzen, ist nicht zwingend - aber jahrzehntelange Praxis. Die SPÖ hat sich nun dieser Küngelei widersetzt, freilich vom Logenplatz aus - die Wünsche der ÖVP verhallten ungehört.
Daraus den politischen Schluss zu ziehen, dass bei nächster Gelegenheit die ÖVP den Sozialdemokraten das Fell über die Ohren zieht, möge verhindert werden. Vielmehr sollte das Beispiel, die entscheidenden Gremien auch wirklich entscheiden zu lassen, Schule machen. Es haben ja - um beim jüngsten ORF-Beispiel zu bleiben - auch wenigstens vier der Volkspartei zuzurechnenden Stiftungsräte ihre "Parteilinie" nicht mitgetragen.
Nun ist der ORF für das Fortkommen der Republik als Beispiel bedingt geeignet. Arbeitsmarkt, Europäische Union, Technologiewandel und die gesellschaftlichen Auswirkungen sind für das Gemeinwohl von viel größerer Bedeutung.
All dies wäre im öffentlichen Bereich besser zu bewältigen, wenn man die Entscheider auch entscheiden ließe. Wenn Jobs nicht nach Partei-, sondern nach Leistungsparametern vergeben würden. In den Worten von ORF-Stiftungsrat Franz Küberl, der als früherer Caritas-Direktor auch nicht unter Hans-Jörg Schellings Definition eines "linken Ideologieträgers" fällt: "Ich bin dem Unternehmen verpflichtet, niemandem sonst."
Würde sich in der Politik dieser Satz verfestigen, könnte sich in der Republik vieles zum Besseren wenden. Dann wäre es möglich, unfähige Manager öffentlicher Unternehmen abzulösen, egal welche Partei dahintersteht. Und das wäre wenigstens so effizient wie eine Verwaltungsreform, aber vermutlich ähnlich unrealistisch.