Geldwerter Vorteil bedeutet Abgabe- und Sozialversicherungspflicht. | Kann Konto bei Arbeitgeber überhaupt Vorteil sein? | Wien. Bei einer Lohnsteuer- bezihungsweise Sozialversicherungsprüfung - durchgeführt bei einem Bankinstitut - kam es vor kurzem zu einer außergewöhnlich hohen Nachforderung. Was war passiert?
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Bei vielen Banken werden für die Mitarbeiter seit langem "Gratiskonten" eingerichtet und damit auf die Verrechnung von diversen Kontoführungsspesen verzichtet. Dies wird nun von der Sozialversicherung und von der Finanzverwaltung beanstandet, da diese darin einen geldwerten Vorteil der Mitarbeiter sehen. Diese Sicht hätte aber nun Abgabe- und Sozialversicherungspflicht zur Folge.
Vorgesetzte können ins Konto Einsicht nehmen
Die Bank gewährt allerdings ihren Mitarbeitern die Kontenführung deshalb spesenfrei, weil sie einerseits einen Anreiz schaffen will, dass die Mitarbeiter ihr die Kontenführung anvertrauen. Andererseits will sie den Mitarbeitern die Unannehmlichkeiten abgelten, die darin bestehen, ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse gegenüber dem Arbeitgeber (und auch einsichtsbefugten anderen Mitarbeitern) offen zulegen.
In der Praxis kann es sich kein Mitarbeiter eines Bankinstituts wirklich aussuchen, wo er sein Gehaltskonto eröffnet. Dies insbesondere aufgrund einer Vielzahl von rechtlichen Vorschriften und Verhaltensgrundsätzen, die Mitarbeiter von Kreditinstituten zu berücksichtigen haben, weshalb die Gebarung von Mitarbeitern einer Überprüfung durch die interne und externe Revision grundsätzlich zugänglich sein muss.
Wie sollte dies aber im Falle einer Kontoführung bei einer Konkurrenzbank praktisch funktionieren?
Somit muss die Frage erlaubt sein: Kann ein Gratiskonto, über dessen Einrichtung Mitarbeiter faktisch nicht frei bestimmen können, wirklich zu einem "geldwerten Vorteil" führen, oder ist dies nicht eher - in seiner Gesamtheit betrachtet - ein Nachteil?
Falls man jedoch - aus welchen Gründen auch immer - der Meinung ist, dass ein Gratiskonto wirklich einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis darstellt, muss eine Bewertung errechnet werden: Das Gesetz spricht als Wertmaßstab vom "üblichen Mittelwert des Verbrauchsortes". Wie aber ist der "Verbrauchsort" bei Onlinekonten zu sehen? Dabei muss zusätzlich berücksichtigt werden, dass die Konditionengestaltung von Banken sehr unterschiedlich ist und es einem Bankangestellten theoretisch möglich wäre, bei einer Fremdbank ebenfalls ein "Gratiskonto" zu eröffnen. Ein ohnehin bestenfalls theoretisch bestehender Vorteil ist damit keinesfalls gegeben.
Vorteile gibt es nur aus Sicht der einhebenden Stellen, denn diese Nachverrechnungen ergeben ein mögliches jährliches Volumen von rund 4 Millionen Euro und gehen großteils zu Lasten der 75.000 Arbeitnehmer.
Martin Jakoubek ist Revisor und Steuerberater bei einem genossenschaftlichen Revisionsverband in Wien.