Zum Hauptinhalt springen

Nicht länger das übliche Gesudere

Von Walter Hämmerle

Analysen

SPÖ: Basis und Länder fordern Konsequenzen. | "SPÖ braucht mehr Profil in der Regierung." | Faymann: "Gewinnen und Verlieren gemeinsam." | "Schluss mit der Schönwetterpolitik" wollen die Kärntner, "Vermögenssteuer oder Opposition" fordert die Parteijugend, und für die Steirer war die "Nicht-Linie" in Sachen Europa schuld am Debakel bei der EU-Wahl.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

In der SPÖ sind weite Teile des Establishments nach dem schlechtesten Abschneiden bei einer bundesweiten Wahl seit 1945 nicht gewillt, zur Tagesordnung als Kanzler- und Regierungspartei überzugehen. Auch an der Basis rumort es unüberhörbar. Und es ist nicht länger das "übliche Gesudere" (copyright Alfred Gusenbauer), das fast zwangsläufig zum Innenleben großer Funktionärsparteien gehört.

Der Schrecken, welcher der SPÖ am Wahlabend in die Glieder fuhr, erklärt sich vor allem im Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen, die es zu schlagen gilt. Die leichteste Übung wird dabei die Vorarlberger Landtagswahl im September sein, hier steht die SPÖ ohnehin seit Jahrzehnten auf verlorenem Posten. Am 27. September ist dann Oberösterreich an der Reihe. SPÖ-Landesvorsitzender Erich Haider glaubt hier nach wie vor an seine Chance - wenn notwendig sogar mit der innerparteilich verfemten FPÖ.

Wirklich ernst wird es für die SPÖ kommendes Jahr: Mit Wien, Steiermark und Burgenland bewerben sich drei mächtige SPÖ-Landeshauptleute um die Wiederwahl. Einzig Bundespräsident Heinz Fischer muss sich über die fortgesetzte Talfahrt seiner ehemaligen Partei keine allzu großen Sorgen machen - sollte er sich zur Wiederkandidatur entschließen.

In SPÖ-Ländern geht die Angst um

Es ist der Wahlkalender der kommenden 18 Monate, welcher der SPÖ tiefe Sorgenfalten ins Gesicht zeichnet. Dies umso mehr, da der Juniorpartner in der Regierung, die ÖVP, sich offensichtlich in der Wählergunst - wenngleich auf niedrigem Niveau - stabilisiert zu haben scheint. Aus Sicht der Roten bezahlt derzeit allein die SPÖ die Zeche für die Unzufriedenheit der Wähler mit den herrschenden Zuständen.

In solchen Zeiten lässt der Ruf nach einem schärferen politischen Profil, nach Ecken und Kanten in der Regierung, nicht lange auf sich warten. Vor allem bei den Themen Soziales und Steuergerechtigkeit müsse die SPÖ Flagge zeigen, tönt es also vom Boden- bis zum Neusiedlersee. Für das Klima in der Koalition bedeutet das wohl nichts Gutes. Man kennt diese Mechanismen aus Zeiten von Schwarz-Blau/Orange und auch früheren rot-schwarzen Regierungen.

Im Visier der Kritiker ist aber auch die Wahlkampflinie der SPÖ in Sachen Europa: "Mit einer Nicht-Linie kann man keinen Wahlkampf gewinnen, gefehlt hat, dass sich die Spitze der Partei ganz eindeutig zu Europa bekennt", monierte der steirische Landeshauptmann Franz Voves. Soweit wie sein Stellvertreter Kurt Flecker, der Faymann Desinteresse an der Wahl und einen Deal mit der "Krone" vorgeworfen hatte, wollte Voves allerdings nicht gehen. Und so weit wie der - abgewählte - EU-Mandatar Herbert Bösch schon gar nicht, der den Kanzler recht unverblümt zum Abgang aufgefordert hatte.

Faymann: Kritischer EU-Kurs richtig

Die schlechte Stimmung bei vielen SPÖ-Anhängern wurde noch dadurch verstärkt, dass sich Faymann am Wahlabend nur via Aussendung zu Wort gemeldet hatte. Gerade in der Niederlage müsse man als Captain zur Mannschaft stehen, kommentierte dies der ehemalige Eishockey-Nationalspieler Voves.

Am Montag stellte sich Faymann schließlich doch noch via ORF-"Mittagsjournal". Trotz der historischen Niederlage sieht der Kanzler die SPÖ europapolitisch auf dem richtigen Kurs. Man habe nur zu wenig Zeit gehabt, den "kritischen Europakurs für ein soziales, bürgernahes Europa" darstellen zu können. An einen Rücktritt denkt der Bundeskanzler keinesfalls.

Faymann forderte seine Partei auf, zusammenzustehen: Man habe gemeinsam gewonnen und gemeinsam verloren. Wichtig sei, den Blick nach vorne zu wenden. Organisatorische Schwachstellen müssten beseitigt und die SPÖ klarer und deutlicher werden. Am Mittwoch dürfte dieses Thema ganz oben auf der Tagesordnung des SPÖ-Präsidiums stehen.

Möglich, aber wenig wahrscheinlich ist, dass mit SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter als verantwortlichem Wahlkampfmanager ein Bauernopfer gesucht und gefunden wird. Der allerdings ist Steirer wie Voves und dessen enger Vertrauter. Eine Ablöse Kräuters würde wohl das Klima zwischen Bundespartei und steirischer SPÖ nicht verbessern.