Die Österreicher hinken beim bargeldlosen Zahlen hinterher.
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Wien. Sie sind trendy, sie sind bequem, und sie sind ein Riesengeschäft: Digitale Bezahlsysteme boomen weltweit. Ob mit Kredit- oder Bankomatkarte, mobilen Zahlsystemen wie PayPal oder dem Smartphone als digitaler Brieftasche - wer will, kommt schon jetzt ganz gut ohne Bargeld durchs Leben.
Doch wer wie bezahlt, ist global betrachtet noch immer sehr unterschiedlich. So nutzen Konsumenten in den USA viel häufiger "Plastikgeld" als andere Zahlungsmethoden. Rund zwei Drittel der Transaktionen werden dort über Kredit- oder Bankomat-Karten abgewickelt, wobei Letztere mit 35 Prozent am häufigsten zum Einsatz kommen. Genutzt werden die Karten dabei meist ganz "klassisch" mittels PIN-Eingabe. Kontaktlose Transaktionen mit Karte werden hingegen nur von 15 Prozent der US-Kunden genutzt.
In Europa sieht die Sache anders aus: 38 Prozent aller Rechnungen werden hier nach wie vor bar bezahlt. Dementsprechend ist der Anteil an Kartenzahlungen mit 56 Prozent deutlich unter dem amerikanischen Niveau. Doch ähnlich wie in den USA wird auch in Europa nur in 16 Prozent der Fälle die Karte kontaktlos genutzt. Das sind einige der Ergebnisse der weltweit durchgeführten "GfK FutureBuy®"-Studie, für die insgesamt rund 45.000 Konsumenten aus 20 Ländern zu ihren Bezahlgewohnheiten befragt wurden.
Doch nicht nur weltweit, sondern auch innerhalb Europas gibt es Unterschiede. Während Münzen und Scheine in den skandinavischen Ländern mehr und mehr verschwinden, sind viele Deutsche und Österreicher offenbar immer noch der Meinung "nur Bares ist Wahres". So erledigen Deutsche 49 Prozent ihrer Geldgeschäfte nach eigenen Angaben in bar, in Österreich sind es 47 Prozent. Ist einmal kein Bargeld zur Hand, greifen Konsumenten in Deutschland zu 29 Prozent zur Girocard (früher EC-Karte), in Österreich werden sogar 37 Prozent der Transaktionen über die Bankomatkarte getätigt. Kreditkarten sind hingegen in beiden Ländern weitaus seltener im Einsatz. Die geschätzten Anteile liegen bei 17 Prozent in Deutschland und 14 Prozent in Österreich.
Wachstumsmarkt
Da Europa in Sachen bargeldloser Zahlung deutlich hinterherhinkt, sei hier noch viel Luft nach oben, ist man beim Unternehmensberater A.T. Kearney überzeugt. "Europaweit erwarten wir, dass sich die Anzahl der Transaktionen ohne Bargeld bis 2025 auf knapp 238 Milliarden verdoppeln wird", sagt Andreas Pratz, Partner bei A.T. Kearney. In Österreich rechnet der Finanzexperte sogar mit einem überdurchschnittlichen Wachstum von sechs Prozent. Eine immense Herausforderung für die ohnehin gebeutelte Bankenbranche. "Wachstum können Finanzdienstleister beinahe nur noch im Markt für Bezahlsysteme erwarten, wo die Digitalisierung stetig voranschreitet", erläutert Pratz die Ergebnisse der Studie "Cashing in on Cashless Commerce". "Die Banken konkurrieren hier allerdings mit reinen Digital-Dienstleistern und Angeboten großer Onlinehändler, die oft noch näher am Kunden sind."
Schon jetzt wachsen klassische Einnahmequellen der Banken, wie das Geschäft mit den traditionellen Zahlverfahren oder der Ausgabe von Karten, nur langsam. Die Experten von A.T. Kearney gehen davon aus, dass der Anteil der Banken am Payments-Umsatz drastisch sinken wird: "Von zwei Dritteln Marktanteil derzeit auf voraussichtlich nur noch die Hälfte im Jahr 2025."
Digitale Transformation
Laut der Studie sind verschiedene Entwicklungen für den Trend weg vom Bargeld verantwortlich: Vor allem der boomende Online-Handel macht digitale Bezahlsysteme für Kunden immer wichtiger. Dem Internet kommt somit eine Schlüsselrolle für die digitale Transformation der Payments-Funktion zu. Großes Potenzial wird dem "Instant Payment" zugeschrieben, eine elektronische Bezahlform, die Transaktionen in weniger als fünf Sekunden abwickelt.
Und noch ein Trend wird prognostiziert: "Vernetzte Geräte werden unsere Art zu bezahlen schneller verändern, als die meisten erwarten - schon 2020 wird jeder Bürger weltweit mindestens dreieinhalb vernetzte Geräte nutzen, die Einkäufe aufgrund herausgebildeter Präferenzen tätigen und Zahlungen auslösen können", ist Pratz überzeugt. Solch ein automatisierter Handel erfordere jedoch einen ebenso reibungslosen Zahlungsverkehr, betont der Finanzexperte: "Banken können letztendlich nur profitieren, wenn sie es schaffen, für ihre Kunden alle Zahlungsströme zu integrieren und Transparenz und Überblick über ihre Ausgaben zu ermöglichen. Voraussetzung bleibt allerdings, dass sich alle Akteure auf eine neue Innovationswelle einlassen."