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Seit August wird die Anrechnung der Karenzzeiten ausgeweitet, was auch bei Krankengeld oder Kündigungsfrist hilft.
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Wien. Bei Friseurinnen werden seit 1. April 2019 laut Kollektivvertrag bis zu 24 Monate der Karenzzeit nach der Geburt eines Kindes bei Gehaltsvorrückungen angerechnet. Beim Metallgewerbe waren es zehn Monate für die erste Karenz wegen eines Babys seit Jahresbeginn 2016. Einer Beschäftigten in der Elektroindustrie wurden seit 1. Mai 2017 pro Kind bei der Karenz 22 Monate für Gehaltsvorrückungen angerechnet.
Seit 1. August ist alles anders. Im Gegensatz zu den in den Kollektivverträgen zwischen Dienstgeber- und Dienstnehmerorganisationen ausgehandelten unterschiedlichen Vereinbarungen gibt es seit wenigen Tagen eine einheitliche gesetzliche Basis.
Maximal 24 Monate berechnet
Bei Müttern, aber auch Vätern, in Karenz wird damit die Karenzzeit im tatsächlich genommen Ausmaß mit maximal 24 Monaten bis zum zweiten Lebensjahr des Kindes berücksichtigt. Was Arbeitnehmerorganisationen als frauenpolitischen Meilenstein erachten und die Wirtschaft als zusätzliche Belastung verbucht, bringt Müttern bei den Rechtsansprüchen, die sich nach der Dauer des jeweiligen Dienstverhältnisses richten, Verbesserungen.
In erster Linie betrifft das Gehaltsvorrückungen und damit mehr Lohn. Aber es sind noch andere Verbesserungen mit der Ausweitung der Anrechnung der Karenzzeiten verknüpft. Da geht es um die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, um die Berechnung des Urlaubsanspruches und der Kündigungsfristen sowie um Ansprüche beim Jubiläumsgeld und bei der Abfertigung nach dem alten Modell.
Bianca Schrittwieser, Familienexpertin der Arbeiterkammer, verweist im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" darauf, dass mit der Ausweitung auf 24 Monate im Gesetz noch ein wichtiger Punkt fixiert wurde. Die Anrechnung der Karenzzeiten erfolgt nun für jedes Kind, nicht nur, wie es bisher teilweise war, für die Karenz beim ersten Kind. Vor allem profitierten aber jetzt alle Eltern unabhängig von der Branche, in der sie beschäftigt sind.
Der Gewerkschaftsbund (ÖGB) hat, um den finanziellen Unterschied zu verdeutlichen, als Beispiel errechnet, was es einer Mutter gebracht hätte, wenn die jetzige Regelung schon vor 15 Jahren gegolten hätte. Eine 35-jährige Verkäuferin, die mit 20 Jahren zu arbeiten begonnen hat, hätte mit einem Kind und zweijähriger Karenz insgesamt 5614 Euro mehr Einkommen, bei zwei Kindern wären es 11.788 Euro.
Nach Sparten aufgeteilt war in Industrie, Handel sowie bei Banken und Versicherungen eine Anrechnung von 24 Monaten schon bisher großteils in den Kollektivverträgen vereinbart. Andere Bereiche wie Gewerbe oder Transport hinkten nach.
200 Millionen Mehrkosten
Für Gewerkschafterinnen und Politikerinnen ist es ein wichtiger Schritt, um die Einkommensschere zwischen Frauen und Männern zu verkleinern. Rolf Gleissner, Sozialexperte der Wirtschaftskammer, sagt, die Mehrkosten für die Firmen würden auf rund 200 Millionen Euro im Jahr im Endausbau geschätzt. Weit mehr als die Hälfte davon betreffe die Gehaltsvorrückungen, wie er der "Wiener Zeitung" erläutert. Kritik am Gesetz zielt darauf, dass diese Mehrkosten einseitig den Betrieben aufgehalst wurden. Grundsätzlich sei man für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
Die Kosten waren auch der Grund, warum die Ausweitung nicht rückwirkend erfolgt, sondern nur für Kinder gilt, die seit 1. August geboren werden. Sonst hätten die Mehrkosten laut ÖVP, die das abgelehnt hat, nämlich-400 Millionen Euro betragen.