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Nicht nur Schinken in Parma

Von Heike Hausensteiner

Europaarchiv

Die finnische Lebensmittelindustrie ist enttäuscht. Anstelle der Lebensmittelbehörde soll die europäische Chemikalienagentur nach Finnland wandern.


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Rentierfleisch, geräuchert oder frisch, gehört auf eine finnische Speisekarte. Auch Beerenliköre wie Mesimarja (arktische Himbeere) oder Polar (Preiselbeerlikör) zählen zu den kulinarischen Spezialitäten. Dennoch wurden die Finnen von den Italienern ausgebootet im Rennen um das EU-Lebensmittelamt.

Nach einem dreijährigen Geplänkel haben die EU-Staats- und Regierungschefs beim Gipfeltreffen in Brüssel zu Gunsten Italiens entschieden. Davor hatte Finnland mit der Blockade des gesamten Pakets der zehn neuen EU-Agenturen gedroht. Im Gespräch war auch, die Behördenfrage mit der EU-Verfassung zu verknüpfen. Doch EU-Ratspräsident Silvio Berlusconi wollte es anders. Auf Grund seines berühmten Schinkens, meinte der italienische Premier, sollte doch Parma die Lebensmittelagentur beherbergen. Auf diese hatte ursprünglich auch Spanien ein Auge geworfen. Doch die Schinken-Spezialitäten jamón serrano und jamón ibérico schienen die EU-Spitzen nicht zu überzeugen. Dafür erhält Spanien nun die EU-Zentrale für Fischereifragen. Und Helsinki muss sich mit der - undankbaren - Chemikalienagentur begnügen. Diese werde frühestens in drei Jahren ihre Arbeit aufnehmen, rechnen finnische Beamte.

Die kürzlich von der Kommission vorgeschlagene EU-Chemikalienverordnung umfasst - nicht eben zur Freude der Industrie - an die 1.200 Seiten. Die Verabschiedung durch das EU-Parlament und den Rat wird entsprechend Zeit in Anspruch nehmen. Zudem finden im Juni nächsten Jahres Europa-Wahlen und im November die Neubestellung der Kommission statt.

Neben Parma, Helsinki und Spanien sollen die anderen Agenturen in London (Polizeiakademie), Den Haag (Eurojust), Lissabon (maritime Sicherheit), Köln (Flugsicherheit), Lille/Valenciennes (Eisenbahnsicherheit), Griechenland (Kampf gegen Computerkriminalität) und Schweden (Seuchenamt) angesiedelt werden. Die EU-Beobachtungsstelle für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in Wien wird in "Menschenrechtsagentur" umbenannt.