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Nicht nur steigende Pferde

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Wirtschaft

Das Gartenpalais Liechtenstein präsentiert die Bronzen der Fürsten - inklusive Sensation.


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Die letzte große Ausstellung, die Direktor Johann Kräftner verantwortet, widmet sich in der frei zugänglichen Märzausstellung im Gartenpalais Liechtenstein den seit Fürst Karl I. gesammelten Bronzen. Diese Kunstwerke würden an sich schon quantitativ und qualitativ ausreichen, um eine Geschichte des Leitmetalls zu erzählen. Hinzu kommen allerdings noch besondere Leihgaben, mehrere aus der Kunstkammer des Kunsthistorischen Museums sowie im Fall des Budapester Szépmüvészeti Múzeums auch eine Sensation: die einzige mit großer Sicherheit Leonardo da Vinci zugeschriebene Bronzestatuette eines steigenden Pferdes mit behelmtem Reiter. Sie war wohl eine Studie für das Reitermonument in Mailand, das, kaum begonnen, wegen eines Krieges in Kanonenkugeln eingeschmolzen wurde, was bei Bronzen oft der Fall war. Nicht genug damit, kann die Schau auch mit dem wunderbaren Bronze-Relief "Perseus befreit Andromeda" von Benvenuto Cellini aufwarten, dem berühmten Goldschmied der Medici und der Päpste, der nebenbei als Totschläger in die Kriminalgeschichte einging.

Rare Objekte

Große Themen im Kunstbereich der Skulptur werden angeschnitten, darunter nicht nur die Idee der Kleinplastiken für Sammler, sondern auch die beliebten Porträts und Reiterstatuetten, auch Frage des Stils werden hier thematisiert - haben doch manche Meistergießer wie Adrian de Vries expressiver gearbeitet als Giambologna oder die Klassizisten Massimiliano Soldani-Benzi oder gar Pierre Puget und François Duquesnoy, der in Rom antike Statuen nachahmte. Vom Neffen Leonardos, Pierino da Vinci, ist ein Relief mit dem Hungertod des Grafen Ugolino della Gherardesca und seiner Söhne ausgestellt, sowie - ein ganz rares Objekt - Andrea Mantegnas einzige feuervergoldete Bronze "Marsyas oder heiliger Sebastian", die schon um 1500 entstand. Das früheste Stück kommt aus Hildesheim, einem frühen Bronzegießer-Zentrum im Mittelalter: der Adler eines Lesepults, der einen Drachen bezwingt.

Das ganze Erdgeschoß mit der Bibliothek widmet sich den Bronzen. Zu den frühen Beispielen, dabei auch zwei Aquamaniles aus Hildesheim, wird neben dem Reiterthema ein Pilger Peter Vischers (der Meister des Sebaldusgrabs in Nürnberg), Europa auf dem Stier von Bartolomeo Bellano oder ein ganzer Block an Bronzen um die berühmte antike Laokoongruppe aus dem Vatikan präsentiert - da besitzt die Fürstenfamilie die erste kleine Kopie von Antico (Pier Jacopo Alari-Bonacolsi). Und obwohl Marmor den Päpsten und Herrschern vorbehalten waren, gibt es den Kopf des Laokoon in Carrara-Marmor von etwa 1620. Zuweilen sind zu Ergänzungszwecken Gemälde aufgehängt worden, die auf die Antike und die Bronzen hinweisen, so im Fall einer Kopie nach dem berühmten Reiterstandbild des Marc Aurel auf dem Kapitol, das Peter Paul Rubens für eine Tapisserie-Serie zu Konstantin nutzte. Die kleinen Kopien sind von Antico, Giovanni Francesco Susini du Orazio Albrizzi. Daneben Pietro Taccas Reiterstatuette des Fernando de Medici II. nach Giambolognas Wachsmodell, mit später ausgetauschtem Kopf des Zaren Peter des Großen - auch das war üblich bei Neuverwendungen der kostbaren Stücke.

Die Fürsten Liechtenstein beschäftigten neben Adrian de Vries, Susini und Soldani-Benzi zuletzt eine moderne Bronzegießerin für Porträts der Familie im 20. Jahrhundert: Marie-Thérèse Givaudan aus Genf hat sie im Stil Auguste Rodins geschaffen. So umfasst die Zeitspanne der Schau tatsächlich acht Jahrhunderte. Vergoldung von Bronzen bildet, wie auch die Plaketten und die begleitende Literatur, einen eigenen Themenblock in der Bibliothek; eine Krönung sind die erstmals vom Prunkmöbel Badminton Cabinet isolierten vier Jahreszeiten-Bronzen, auch eine Erwerbung, die zuletzt Fürst Hans-Adam II. unter der 20-jährigen Sammlungstätigkeit von Direktor Kräftner erworben hat.

Ausstellung

Gegossen für die Ewigkeit

Gartenpalais Liechtenstein,

bis 31. März