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Haribo-Österreich- Chef Dominik Schmidt im Interview. | Über Ostern, Diät-Gummibären und Ausbau im Linzer Fruchtgummi-Werk. | "Wiener Zeitung": Welche Kindheitserinnerung verbinden Sie mit Haribo?
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Dominik Schmidt: Ich habe mir immer die Stückartikel von meinem Taschengeld gekauft. Das waren damals 10 Pfennig für meine Lieblingssorte "Saure Gurken".
Der Slogan "Haribo macht Kinder froh" wurde auf Erwachsene ausgeweitet. Aus Sorge wegen der rückgängigen Geburtenzahlen?
Die Ergänzung gab es bereits in den 60er Jahren, als es dieses demografische Problem noch nicht gab. Süßigkeiten waren vor und nach dem Weltkrieg Kinderprodukte.
Die Verzehrgewohnheiten haben sich verändert, und man hat gesehen, Süßigkeiten werden gleichermaßen auch von Erwachsenen gegessen. Wenn man zu Hause die Schale Haribo hat, greift jeder gerne zu.
Was sind die Lieblingssorten der Österreicher?
Der Konsument in Österreich mag etwas weichere Konsistenz. Bei den Frucht aromen ist Pfirsich einer der stärksten Artikel.
Saure Produkte werden gerne von Jugendlichen und Erwachsenen gegessen. Die Deutschen und Skandinavier essen andererseits sehr viel Lakritze. Das ist in Österreich schon zu speziell.
Haribo produziert an 16 europäischen Standorten, unter anderem seit 1989 in Linz. Welche Rolle übernimmt das österreichische Werk?
Linz beliefert nicht nur den Inlandsmarkt, sondern auch die Schweiz und Osteuropa. Unser Kerngeschäft ist die Produktion von Fruchtgummi, Schaumzucker und Zucker-Dragees.
Insgesamt haben wir eine Produktionskapazität von 16.000 Tonnen pro Jahr. Das sind pro Tag circa fünf Lkws voll mit Süßwaren.
Welche großen Projekte sind für heuer geplant?
Aufgrund der positiven Entwicklung in den verantworteten Exportmärkten werden wir in Österreich unsere Produktionskapazität ausweiten. Es wird sowohl eine bauliche Erweiterung als auch eine Erweiterung bei den Fruchtgummi-Produktionsmaschinen geben. Baubeginn ist dieses Jahr, Fertigstellung im Frühjahr 2011. Die Investitionen liegen bei rund neun Millionen Euro.
Lässt sich schon sagen, wie viele neue Jobs dadurch entstehen?
Prinzipiell wird es so sein, dass wir in erster Linie die bestehenden 242 Arbeitsplätze garantieren können. Darüber hinaus wird sich weisen, wie viele Zusatzstellen kommen.
Hat die Wirtschaftskrise dem Gummibärchen zugesetzt?
In einigen Ländern Osteuropas, wie etwa in Rumänien, kam es im letzten Jahr kurzzeitig zu Absatzrückgängen. Für Osteuropa machen wir kleinere Packungen, weil die Kaufkraft noch nicht so stark ist, um dem Kunden den Kauf unserer Produkte möglich zu machen.
In Österreich konnten wir im letzten Jahr unseren Marktanteil ausbauen. Es ist aber schon so, dass wir keine riesigen zweistelligen Wachstumsraten mehr zu verzeichnen haben.
Liegt das daran, dass der Fruchtgummi-Markt gesättigt ist?
Letzten Endes sind es vor allem kundenspezifische Themen. Wenn eine Handelskette wie Adeg derzeit strukturelle Probleme hat, ist es schwer, mit so einem Kunden zu wachsen.
Der Trend geht hin zu gesundheitsbewusster Ernährung - plant Haribo hier aufzuspringen?
Wir haben in der Vergangenheit Fruchtgummis mit 40 Prozent weniger Zucker und 30 Prozent weniger Kalorien entwickelt. Sie haben sich aber im Sortiment nicht durchgesetzt, sodass sie vor zwei Jahren in Österreich vom Markt genommen wurden.
Es hat sich gezeigt, dass Süßigkeiten für den Konsumenten eine Belohnung und ein Genussmoment sind - und dies möchte er voll und ganz auskosten.
Was ist im Fruchtgummi-Geschäft die stärkste Jahreszeit für den Verkauf?
Besonders starke Monate haben wir zu Jahresbeginn, wenn der Konsument wieder etwas leichtes Fruchtiges sucht, als Gegenpol zu Schokolade oder Gebäck.
Dann natürlich die Sommermonate, weil sich unsere Ware auch bei höheren Temperaturen zum Mitnehmen für unterwegs eignet.
Wie stressig geht es vor Ostern bei Haribo zu?
Ostern ist für uns eine sehr wichtige Saison, weil wir ein breites Sortiment haben - von Fruchtgummis mit Ostermotiven bis hin zu den Dragee-Eiern. Bei uns ist nach Ostern vor Ostern. Gleich danach werden schon wieder aufgrund der Abverkäufe der Händler die Sortimente fixiert. Die Produktion selber beginnt bei einigen Artikeln schon im Dezember. Vier bis fünf Wochen vor Ostern beginnt die Auslieferung.
Wissen
Der deutsche Süßwaren-Riese wurde 1920 von Johann (Hans) Riegel in Bonn gegründet. Von diesem Namen und dem Stammsitz leitet sich auch der Firmenname Ha-Ri-Bo ab. Nach dem Tod von Riegel haben 1946 seine beiden Söhne das Unternehmen übernommen. Seit sein Bruder Paul 2009 verstarb, leitet der 87-jährige Hans Riegel in Eigenregie den Goldbären-Konzern. 6000 Mitarbeiter sorgen beim Fruchtgummi-Hersteller weltweit jährlich für geschätzte 1,7 Milliarden Euro Umsatz. Lakritze, Bären & Co. werden in rund 100 Ländern vertrieben.
Ebenfalls zur Haribo-Familie gehören die Marken Maoam (seit 1986) sowie Vademecum Kaugummis (seit 1993). Für seine Nachfolge hat Hans Riegel eine Stiftung in Österreich gegründet, die mit einem Vorstand besetzt ist. Dieser soll bei Haribo die Rechtsnachfolge antreten.