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Nicht von einer Abhängigkeit in die nächste

Von Klaus Weyerstraß

Gastkommentare
Klaus Weyerstraß ist Ökonom am IHS und dort Sprecher für internationale Konjunktur und Außenwirtschaft.
© Norbert Wohlgemuth

Der Klimaschutz erfordert eine Wende bei Energie und Verkehr - die einen massiv höheren Bedarf an bestimmten Rohstoffen bedeutet.


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Gerade als es Österreich und der EU insgesamt gelingt, sich vom Erdgas aus Russland zu lösen, droht schon eine andere Abhängigkeit. Denn die notwendige Verringerung von Treibhausgasemissionen für den Klimaschutz wird nicht ohne eine Wende in der Energieerzeugung und in der Mobilität weg von fossilen Energieträgern hin zur Nutzung von Sonne und Wind beziehungsweise zu einer Elektrifizierung des Individualverkehrs gelingen. Sowohl Photovoltaikanlagen und Windräder als auch Elektroautos brauchen aber viel mehr metallische Rohstoffe und Seltene Erden als konventionelle Kraftwerke oder benzin- und dieselbetriebene Kraftfahrzeuge. Einer Studie der Internationalen Energieagentur zufolge werden für eine moderne Photovoltaikanlage mehr als doppelt so viele metallische Rohstoffe benötigt wie für ein Kohlekraftwerk der gleichen Leistung. Bei Windrädern an Land sind es fast fünfmal so viele Metalle, bei Windrädern auf See sogar mehr als siebenmal so viele. Für ein Elektroauto werden laut derselben Studie sechsmal so viele mineralische Rohstoffe benötigt wie für ein konventionell betriebenes Auto.

Geografisch sind die benötigten Rohstoffe wie Nickel, Kupfer, Mangan, Kobalt, Lithium und Graphit auf weniger Länder konzentriert als Öl- und Gasvorkommen - von den Seltenen Erden ganz zu schweigen. Mit fortschreitender Nutzung von erneuerbarer Energie und Elektromobilität wird der Bedarf an Seltenen Erden in Zukunft stark steigen. Diesen Markt beherrscht China. Laut einer Analyse des US Geological Survey verfügt die Volksrepublik über rund 44 Millionen Tonnen der weltweiten Vorkommen. Der zweitgrößte Vorrat der Welt befindet sich mit 22 Millionen Tonnen in Vietnam. Die weltweiten Vorräte werden auf rund 120 Millionen Tonnen geschätzt. Noch deutlicher ist die Abhängigkeit von China bei der Förderung, denn im Jahr 2021 stammten rund 61 Prozent der Seltenen Erden von dort.

China kann damit Potenzial und Tempo der Dekarbonisierung in Europa beeinflussen. Die Gefahr, dass die politische Führung diese Quasi-Monopolstellung als Drohpotenzial bei politisch heiklen Fragen wie der Haltung gegenüber Taiwan oder der Menschenrechtslage beim Umgang mit der Minderheit der Uiguren nutzt, ist real. Nicht erst der jüngste Parteitag der kommunistischen Partei Chinas hat zudem das Machtstreben des Staats- und Parteichefs deutlich gemacht. Und wirtschaftliche und politische Macht können in China nicht getrennt betrachtet werden.

Die EU-Kommission hat diese Problematik erkannt und bereits im Jahr 2020 einen Plan hin zu mehr Widerstandsfähigkeit und Nachhaltigkeit vorgestellt. Die darin enthaltenen Empfehlungen hinsichtlich einer Diversifizierung der Versorgungsquellen, zur Verbesserung der Ressourceneffizienz und zu einer Stärkung der Kreislaufwirtschaft können nur nachdrücklich unterstützt werden. Die Vorschläge müssen aber auch konsequent umgesetzt werden und in konkrete Handlungen münden.