Zum Hauptinhalt springen

Nichts geht mehr für die Wettkönige

Von Stefan Melichar

Wirtschaft

Spekulation auf Staatspleiten dürfte nun gebremst sein. | Schlachtplan bei Filet Mignon und gebratenem Huhn. | Wien. Inwieweit der am Wochenende beschlossene 750 Milliarden Euro schwere Rettungsschirm für die Eurozone tatsächlich etwas am Grundproblem der Schuldenkrise rund um Griechenland, Portugal und Co. ändert, bleibt abzuwarten. Schließlich müssen die betroffenen Staaten erst beweisen, dass sie ihre maroden Finanzen wieder in Ordnung bringen können.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

In einem waren sich viele Experten am Dienstag jedoch einig: Der krisenverschärfenden Wirkung diverser Finanzspekulationen dürfte man vorerst Herr geworden sein. Der Rettungsschirm sorgt nämlich dafür, dass einzelne Euro-Länder im Notfall für bis zu drei Jahre nicht bankrott gehen können. Damit ist bei Wetten auf Staatspleiten nichts mehr zu holen.

Scheinversicherung

Dies hat vor allem Einfluss auf Spekulationen mit sogenannten Credit Default Swaps (CDS). Mit derartigen Papieren kann sich ein Investor gegen den Ausfall eines Schuldners versichern. Der Versicherungsgeber, der bei einer Pleite für den Schaden aufkommen muss, erhält eine regelmäßige Prämie, die - zumindest in der Theorie - die Ausfallswahrscheinlichkeit des Schuldners abbildet. Je höher die Pleitegefahr, umso höher die Prämie - auch CDS-Spread genannt -, die der Versicherungsnehmer zahlen muss.

Zur Spekulation wird das Ganze, sobald jemand eine Versicherung für etwas abschließt, das er gar nicht besitzt. So können Investoren CDS auf griechische Staatsanleihen kaufen, ohne selbst solche zu halten. Sie machten bis vor kurzem ein gutes Geschäft damit, diese Papiere weiterzuverkaufen. Einzige Voraussetzung war nämlich, dass ihnen jemand eine höhere Prämie bezahlte, als sie selbst ursprünglich ausgeben mussten. Je tiefer die Bonität Griechenlands sank, umso höher fiel der Gewinn aus. Freilich ist es im Interesse derartiger Investoren, die CDS-Spreads immer weiter hochzutreiben. Was eigentlich als Bonitätsindikator gelten sollte, wird somit durch Vorgänge am CDS-Markt verfälscht. Der scheinbar rasante Anstieg der Ausfallsgefahr bringt jedoch den Schuldner massiv unter Druck.

Angriff auf den Euro

Weitere Spekulationen richteten sich nicht gegen ein Land der Eurozone, sondern gegen die Währung selbst. So berichtete das "Wall Street Journal" über ein Geheimtreffen wichtiger Hedgefonds-Manager Anfang Februar, bei dem eine Attacke auf den Euro vereinbart wurde. Laut "Spiegel" soll das Dinner - serviert wurde Filet Mignon und mit Zitrone gebratenes Huhn - in einem Privathaus in Manhattan stattgefunden haben. Tatsächlich hat sich der Handel mit speziellen Papieren, die Wetten auf einen fallenden Euro-Kurs ermöglichen, von Anfang Dezember 2009 bis Ende April 2010 verdreifacht. Allerdings gibt es auch andere Gründe für den Euro-Absturz: So dürften Zentralbanken weltweit damit begonnen haben, Euro-Reserven abzubauen.

Was die CDS-Spekulationen gegen Griechenland angeht, zeigt sich eine deutliche Beschleunigung, aber - gemessen an den griechischen Schulden von 270 Milliarden Euro - kein Ausufern. Der "Spiegel" zitiert eine Statistik des US-Datenanbieters DTCC, derzufolge das Nettovolumen der bestehenden Griechen-CDS mit rund acht Milliarden Dollar kaum höher liegt als vor einem Jahr. Das monatlich gehandelte Volumen hat sich mit knapp 80 Milliarden Euro allerdings fast verdoppelt.