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Nichts gewusst und nichts gemacht

Von Marina Delcheva

Politik

Haider soll bei Grasser wegen strenger Aufsicht interveniert haben. Gedächtnislücken bei FMA.


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Wien. 48 Mal "Ich kann mich nicht erinnern", 31 Mal "Ich weiß es nicht" und neun Mal "Das war nicht meine Aufgabe." Der erste Zeuge am gestrigen Befragungstag im Hypo-Untersuchungsausschuss, Christian Saukel, glänzt mit Erinnerungslücken rund um seine Tätigkeit als Abteilungsleiter der Finanzmarktaufsicht (FMA). Saukel war von 2002 bis 2007 Abteilungsleiter in der FMA und davor Vize der Abteilung für die Aufsicht von Kreditinstituten im Finanzministerium. Das bedeutet also, dass er bei der FMA zahlreiche Prüfungsaufträge an die Notenbank, auch zur damaligen Hypo Alpe Adria, erteilt hat.

Wie auch in früheren Befragungsrunden zeigt sich, dass die Hypo damals zu den am häufigsten geprüften Instituten gehörte. Der Zustand der Bank wurde schon in den Prüfberichten 2001, 2004 und 2006 als kritisch dargestellt. Das Risikomanagement sei unzureichend, ebenso die Mechanismen zur Bewertung von Krediten, immer wieder wurden Bedenken über die niedrige Eigenkapitalquote in den Berichten, die Saukel zum Teil selbst in Auftrag gegeben hatte, geäußert. Passiert ist aber nichts. Neos-Fraktionsführer Rainer Hable wollte etwa wissen, warum trotz der besorgniserregenden Berichte keine weiteren Prüfungen eingeleitet wurden. "Es ist kein Gesetzesverstoß festgestellt worden. Ich kann mich nicht mehr so genau erinnern", antwortet Saukel.

"Lieber Karl-Heinz"

Auch die Frage nach politischer Einflussnahme verneinte Saukel. SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer las aus einem Brief des verstorbenen Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider an den damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser aus dem Jahr 2006 wegen Ermittlungen der FMA gegen den ehemaligen Hypo-Chef Wolfgang Kulterer vor: "Lieber Karl-Heinz, (...) ich hätte mir gewünscht, du würdest als Kärntner mehr Verständnis aufbringen und nicht alles glauben, was dir von den FMA-Vorständen aufgetischt wird."

Damals waren hohe Swap-Verluste der Hypo bekannt geworden und Kulterer sollte als Vorstand abberufen werden. Die Bank hatte versucht, die Verluste zu vertuschen, die Schadensumme belief auf 328 Millionen Euro.

An einen Brief oder politischen Druck will Saukel sich nicht erinnern. Auch sein Vorgesetzter, FMA-Bereichsleiter Michael Hysek, will von politischer Einflussnahme und vom Abberufungsverfahren der FMA-Vorstände durch Grasser nichts gewusst haben.

Chefaufseher Hysek gab an, den Brief Haiders nur aus den Medien zu kennen. Auch er hatte bei den meisten Fragen mit Gedächtnislücken zu kämpfen. Genauso will er von Ermittlungen rund um mutmaßliche Kick-back-Zahlungen an Ex-Hypo-Chef Kulterer, also illegale Geldrückflüsse, nichts gewusst haben.

Werner Kogler, Fraktionsführer der Grünen, konfrontierte Hysek mit einer Mail aus dem Jahr 2006 zum damaligen Bankenausschuss, wonach der FMA-Vertreter angeordnet haben soll, Berichte der Staatskommissäre nicht an den damaligen Ausschuss zu übermitteln. Auch dazu fehlt Hysek heute die Erinnerung.

Eingangs resümierte Hysek, dass die Bankenaufsicht damals, also Anfang der Nuller-Jahre, nicht die Kompetenzen und Aufgaben erfüllen konnte, die sie heute erfüllt. Den Vorwurf einiger Parlamentarier, dass er und die FMA ihrer Prüfungspflicht nicht nachgekommen seien, wies Hysek zurück. "Die FMA ist keine allmächtige Behörde."

"Keine allmächtige Behörde"

In zahlreichen Prüfberichten bis hin zum Bericht 2009 vor der Notverstaatlichung seien zahlreiche Verstöße gegen das Bankengesetz festgestellt worden. Die FMA habe immer wieder die Bank aufgefordert, Mängel zu beheben. Das blieb bis zur Notverstaatlichung 2009 ohne Konsequenzen. Ob der damalige Finanzminister Josef Pröll über den tatsächlichen Zustand der Bank Bescheid wusste, konnte Chefaufseher Hysek nicht sagen.