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In Serbien sticht ein Kandidat bei der Präsidentschaftswahl heraus - und es ist nicht der Favorit Premierminister Aleksandar Vucic.
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Belgrad/Wien. Als großer Favorit gilt bei den serbischen Präsidentschaftswahlen am Sonntag Premierminister Aleksandar Vucic von der Fortschrittspartei. Der 47-Jährige steht ebenfalls seiner Partei vor, die wiederum eine absolute Mehrheit im Parlament stellt. Umfragen zufolge kann Vucic auf Anhieb mit mehr als 50 Prozent rechnen. Die anderen zehn Bewerber liegen in den jüngsten Umfragen weit hinter den amtierenden Regierungschef und dürften kaum über zehn Prozent kommen.
Der Satiriker Luka Maksimovic alias "Ljubisa Preletacevic Beli" kommt als Bestplatzierter unter den Oppositionskandidaten auf 9,5 Prozent der Stimmen, gefolgt vom ehemaligen Außenminister Vuk Jeremic mit 9,3 Prozent und dem früheren Volksanwalt Sasa Jankovic mit 8,9 Prozent. Die Opposition hofft noch, die Unentschlossenen - immerhin 18 Prozent - mobilisieren zu können. Experten halten dies jedoch für unwahrscheinlich. Laut Demostat wollen 43 Prozent der Wahlberechtigten gar nicht wählen.
Vucic fürchtet Spaßkandidaten
Die Präsidentschaftswahlen sind heuer keine Routineveranstaltung. Denn es ist das erste Mal seit Jahren, dass es überhaupt eine ernst zu nehmende Opposition gibt. Diese könnte, sollte Vucic den ersten Durchgang nicht klar für sich entscheiden können, tatsächlich etwas bewegen in dem Westbalkan-Land. Denn seit Jahren ist die Opposition zersplittert und kraftlos. Das könnte sich, sollte es doch zu einer Stichwahl kommen, aber ändern. Der Premier hat sich viel Macht im Land gesichert - mit legalen wie illegalen Mitteln. Über Inserate kontrolliert seine Regierung fast alle Medien im Land. Im öffentlichen Sektor - in dem immerhin Zweidrittel der Serben beschäftigt sind - heißt es Vucic wählen oder Job los.
Nervös macht den Premier vor allem ein Konkurrent in der Wahl um das höchste Amt: Der 25-jährige Student Luka Maksimovic, der mit seiner Kunstfigur "der Weiße" seit letztem Jahr mit seiner Bewegung Samo Jako, "Mit ganzer Kraft", 20 Prozent des Stadtparlaments in Mladenovac stellt. Er verkörpert ironisch die schlechtesten Seiten serbischer Politiker.
"Er hebt sich von den anderen Kandidaten ab und er sollte auch auffallen", sagt die Politikanalystin Jelena Milic. "Er ist der einzige Kandidat, der aktuell die echten Probleme Serbiens anspricht und dafür Lösungen anbietet." Auch Mitte-Links-Kandidat Nenad Canak hält die Direktorin des Zentrums für Euro-Atlantische Studien (CEAS) in Belgrad zumindest inhaltlich für einen ernst zu nehmenden Gegner. Die Umfragen sprechen jedoch nicht für den Einzelkämpfer. Mehr Sympathie bei den pro-europäischen Wählern genießt Ex-Volksanwalt Sasa Jankovic. Er gilt verlässlicher als Big-Brother-Teilnehmer Canak. Obwohl Milic Canaks Kampagne inhaltlich für weitaus relevanter hält. "Jankovic hat es nicht geschafft, die brennenden Themen in Serbien anzusprechen", erklärt die Politologin den Misserfolg des Menschenrechtlers im Wahlkampf.
Comedy mit ernster Botschaft
Die besten Ergebnisse hat für Milic bereits die Bewegung "Samo Jako" erzielt. Sie schafften es in kurzer Zeit, Zehntausende Unterstützer hinter sich zu bringen. Mit ihren viralen Kampagnen sind sie weit entfernt von simpler Comedy, auf die sie auch in ausländischen Medien gerne reduziert werden. Die Graswurzelbewegung findet landesweit Anklang. Vor allem junge Leute trifft man bei ihren Veranstaltungen, ihre Facebookseite hat 40.000 Likes, fast 155.000 folgen Beli, dem Weißen, in dem sozialen Medium - das die Regierung nicht kontrollieren kann. Aber auch ältere Leute und Familien unterstützen die Spaßgruppe, die vor allem gegen Korruption, Freunderlwirtschaft und Intransparenz wettert. Sein Wahlprogramm stellte er in einem 21-Sekunden-Video auf Facebook vor. Es umfasst zwei Worte: Serbische Verfassung.
Das Phänomen "Beli" werde nach den Wahlen nicht einfach wieder verschwinden, prognostiziert Milic. Auch wenn es fraglich bleibt, ob die Gruppe auf nationaler Ebene funktionieren kann. Eine Lanze haben sie aber bereits jetzt schon gebrochen und es in die Mitte der Gesellschaft geschafft. Und das unter äußerst schwierigen Bedingungen. "Man sollte die Gruppe bei bevorstehenden Wahlen nicht unterschätzen", sagt Milic.