Vor kurzem noch schien es, als wäre der Graben zwischen Emmanuel Macron und Donald Trump unüberbrückbar.
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Paris/Washington. Nicht kleckern, klotzen - zumindest das haben Donald Trump und Emmanuel Macron gemein. Während der US-Präsident sein Amerika mit brachialen Methoden weltpolitisch "great again" machen will, glänzt auch sein französischer Amtskollege nicht gerade mit Bescheidenheit: Macrons erdrutschartige Wahlsiege bei den Präsidenten- und Parlamentswahlen nutzt dieser für ein selbstbewusstes Auftreten. Im Inland kündigt er liberale Reformen an, nach außen gibt er sich selbstbewusst. Im Königsschloss zu Versailles, wo einst "Sonnenkönig" Ludwig XIV. residierte, hielt er eine pompös inszenierte Rede. Kein Wunder, dass manche schon vom "republikanischen Monarchen" sprechen. Wäre Frankreich nicht ein Land, das in einer tiefen Wirtschaftskrise steckt, und wäre es nicht ein Land, in dem der Ausnahmezustand, der kürzlich bis November verlängert wurde, bereits zum Normalzustand geworden ist - man könnte bei so viel Selbstbewusstsein fast den Eindruck bekommen, die "Grande Nation" erstahlte in neuem Glanz.
Globalist versus Nationalist
Am Freitag bot sich nach den zahlreichen Gipfeltreffen der letzten Zeit für den "Marketing-Präsidenten" Macron, wie er auch genannt wird, die nächste Möglichkeit zur Inszenierung: Zum traditionsreichen 14. Juli, dem französischen Nationalfeiertag, hatte er seinen US-Kollegen Trump eingeladen. Dieser war damit der erste US-Präsident seit George Bush 1989, der dem politischen Hochamt Frankreichs, der Militärparade am Nationalfeiertag beiwohnte. Mehr als 3700 Soldaten marschierten über den Champs-Elysees, dazu kamen mehr als 200 Militärfahrzeuge, dazu noch Hubschrauber und Kampfjets.
Auf einen derartigen Besuch hätten vor einiger Zeit wohl nur wenige gewettet - schien doch zwischen Washington und Paris die Eiszeit ausgebrochen zu sein: Der gesellschaftspolitisch eher links angesiedelte Globalist Macron, ein Vertreter der aufstiegsorientierten Städter seines Landes, inszenierte sich als Gegenpol zum protektionistisch-nationalistisch auftretenden Trump, der für sich beansprucht, die Stimme des "vergessenen Amerika" zu sein.
Als Trump das Pariser Klimaschutzabkommen aufkündigte, gab Macron über Youtube ein Statement ab, in dem er US-Fachkräften Asyl in Frankreich anbot - keine guten Voraussetzungen für eine gedeihliche Zusammenarbeit der beiden Polit-Aufsteiger.
Am Freitag klang dann allerdings alles ganz anders. Schon am Morgen twitterte Trump, die Beziehung zu Frankreich sei "stärker denn je". Macron? Ein "super Präsident" und "harter Kerl". Und Paris, jene Stadt, die er vor kurzem noch als eine Art No-Go-Zone beschrieben hatte? "Wunderschön" und "friedlich".
"Unabkömmlicher Partner"
Auch Macron würdigte - anlässlich des 100. Jahrestages des Eingreifens der USA in den Ersten Weltkrieg an der Seite Frankreichs - in einer kurzen Ansprache die engen Beziehungen zwischen beiden Ländern. Frankreich habe in den USA stets "sichere Verbündete gefunden, Freunde, die uns zur Hilfe geeilt sind". Und Macron gab ein Gelöbnis ab: "Nichts wird uns jemals trennen."
Die Teilnahme Trumps an der Parade zum Nationalfeiertag war im Vorfeld umstritten. Immerhin ist der US-Präsident in Frankreich unpopulär: Laut einer Umfrage halten ihn 93 Prozent für "arrogant", 83 Prozent für "intolerant" und 78 Prozent für "gefährlich". Nichtsdestotrotz beharrte Macron auf dem Besuch. Bei den USA handle es sich um einen strategischen, unabkömmlichen Partner, ließ er im Vorfeld verlauten.
Laut Beobachtern hatte Macron bei dem Besuch nicht viel zu verlieren. Der französische Präsident konnte abermals kommunizieren, dass Frankreich zurück ist und dass es gewillt ist, eine größere Rolle zu spielen: In Europa nach dem Wegfall der Briten in einem erneuerten deutsch-französischen Tandem. Und innerhalb des westlichen Bündnisses bietet sich Paris - ebenfalls: nach dem Wegfall der Briten - den USA als Tor in die EU an. Für Trump bot der Besuch angesichts der innenpolitischen Schwierigkeiten Gelegenheit, zu zeigen: Sehr her, ich bin arbeitsfähig, alles ist in Ordnung.
Dennoch war am Freitag nicht alles in Ordnung - ein Schnitzer unterlief dem US-Präsidenten doch: "Sie haben sich so gut gehalten", soll Trump zur 64-jährigten Brigitte Macron im Elysee-Palast gesagt und das mit entsprechender Gestik untermauert haben - die als Kompliment gedachte Bemerkung wurde im Netz als sexistisch bezeichnet.