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Nichts zu lachen

Von Walter Hämmerle

Politik

Im Bund sorgt die EU-Wahl für einen ruhigen Sommer - in etlichen Bundesländern steigt dagegen der Stresspegel.


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Wien. Die zufriedenen Gesichter am Wahlabend auf Bundesebene täuschen: Das Ergebnis der EU-Wahl mag Werner Faymann und insbesondere Michael Spindelegger zu einem sorgenfreien Sommer verhelfen, in etlichen Bundesländern lassen die Detailergebnisse vom Sonntag dagegen die Alarmglocken schrillen. Das überraschend starke Abschneiden der Grünen, das fortgesetzte Erstarken der FPÖ und die Etablierung der Neos als fünfte Kraft könnte bei den kommenden Landtagswahlen zu teils erdbebenartigen Verwerfungen führen.

Vorarlberg: ÖVP zittert vor Neos

Bereits im Herbst wählt Vorarlberg einen neuen Landtag. Für Landeshauptmann Markus Wallner (46) ist es seine erste Wahl. Bereits heute steht fest, dass die Absolute von 2009 (50,8 Prozent) passé ist, es geht einzig und allein um die Frage, wie viel die Volkspartei verliert. Aufgrund der neuen Konkurrenz von den Neos - Parteichef Matthias Strolz ist selbst Vorarlberger - rückt auch ein ÖVP-Debakel in den Bereich des Möglichen; bei den Nationalratswahlen im Herbst (26,3 Prozent) und jetzt bei der EU-Wahl (28,7 Prozent, ohne Wahlkarten) mussten die Schwarzen im "Ländle" erstmals am eigenen Leib erfahren, wie sich Ergebnisse unter 30 Prozent anfühlen. Das Gros der ÖVP-Verluste geht dabei auf das Konto der Neos, hinzu kommen traditionell starke Blaue und Grüne im "Ländle": Die Ökopartei schaffte am Sonntag Platz zwei mit 22 Prozent; die Neos erreichten 14 Prozent; die SPÖ spielt mit 10 Prozent keine Rolle mehr.

Wenigstens kann sich Wallner aussuchen, mit wem er in den nächsten fünf Jahren zusammenarbeiten will: FPÖ, SPÖ, Grüne und Neos liebäugeln allesamt mit dem Einzug in die nächste Landesregierung, das senkt in der Regel den Preis. Das zumindest könnte den Schmerz für die ÖVP in erträglichen Grenzen halten.

Wien: Häupls letzter Kampf

In Wien geht es 2015 um das politische Vermächtnis des Michael Häupl. Der 64-jährige Langzeit-Bürgermeister tritt zum letzten Mal an. Zwar hat Häupl die Absolute schon 2010 eingebüßt und anschließend die erste rot-grüne Koalition in Österreich begründet. Doch nun droht der mit Abstand mächtigsten roten Landespartei wieder der Absturz unter die magische 40-Prozent-Marke. Häupl widerfuhr dieses Debakel schon bei seinem ersten Antreten als Bürgermeister 1996, damals verlor die SPÖ massiv an eine sich im Höhenflug befindliche FPÖ und kam nur noch auf 39,2 Prozent. Sein Image als innenpolitisches Schwergewicht fiel Häupl erst mit der Rückeroberung der Absoluten 2001 zu.

Am Sonntag stagnierte die Wiener SPÖ mit schwachen 28 Prozent; eine Sensation schafften die Grünen, die in der Bundeshauptstadt die FPÖ überholen und Platz zwei erobern konnten. FPÖ und ÖVP rittern um Platz drei bei +/- 18 Prozent. Die Neos blieben mit rund 8 Prozent auch in Wien hinter den Erwartungen. Angesichts dieser Entwicklung der Kräfteverhältnisse ist nicht auszuschließen, dass die nächste Wiener Stadtregierung nicht mehr nur aus zwei, sondern aus drei Partnern besteht. Die einzige rechnerisch mögliche Zweier-Koalition, Rot-Blau, ist politisch eher ausgeschlossen.

Steiermark: Reformer-Panik

Würden nur Wiener Journalisten 2015 über den nächsten Steirischen Landtag bestimmen, die "Reformpartner" Landeshauptmann Franz Voves (61, SPÖ) und Vize Hermann Schützenhöfer (62, ÖVP) könnten den Wahlen gelassen entgegenblicken. In der Bundeshauptstadt gelten die Steirer als Beweis, dass Rot und Schwarz etwas weiterbringen könnten, wenn sie nur wollen.

Es entscheiden aber nicht die Medien, sondern die Steirer - und bei den eigenen Wählern kommt das Duo Voves und Schützenhöfer schlecht weg. Schon bei der Nationalratswahl schaffte die FPÖ Platz eins vor SPÖ und ÖVP.

Fast alles spricht deshalb dafür, dass SPÖ und ÖVP mit neuen Gesichtern in die Landtagswahl gehen und Voves und Schützenhöfer im Gleichschritt abtreten. Bei der ÖVP gilt der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (51) als klarer Favorit, wer für die SPÖ als Landeshauptmann-Kandidat ins Rennen geht, ist noch unklar. Bei der FPÖ hat Mario Kunasek Chancen auf die Spitzenkandidatur.

Egal, wer am Schluss das Rennen macht: Die Bundesregierung kann sich auf weitere Querschüsse aus der Steiermark einstellen.

Bleibt VP-Grün in Oberösterreich?

In Oberösterreich steht 2015 Josef Pühringers (64, ÖVP) letzte Schlacht an. Im Amt seit 1995, steht er seit 2003 einer schwarz-grünen Koalition vor, die 2009 ihren Stimmenanteil sogar noch ausbauen konnte. Nicht ausgeschlossen, dass es auch nach 2015 mit Schwarz-Grün weitergeht. Zumindest dann, wenn die Wähler weiter so stark wie bisher zwischen Bundes- und Landeswahlen unterscheiden.

Wie in den anderen Bundesländern nagen aber auch ob der Enns die hier in manchen Vierteln traditionell starken Freiheitlichen am ohnehin schrumpfenden Wählerkuchen von ÖVP und SPÖ. Allerdings ist es den Grünen am Sonntag gelungen, den Abstand zur FPÖ als führender Oppositionskraft zu verkürzen.