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Nie sagen, was man will...

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
© Wiener Zeitung

"Österreich ist ein Labyrinth, in dem sich jeder auskennt", definierte Helmut Qualtinger, und für Wien gilt das im Besonderen. Während also Europa rätselt, warum ein Bundeskanzler seinen - derselben Partei angehörenden - Vorgänger am Weg zu einem Top-Job nicht stärker unterstützt, weiß der Irrgarten-erprobte Österreicher: Er unterstützt ihn ja. So wird in Österreich Unterstützung betrieben. Nur wer seinen Kandidaten schlecht macht, bringt ihn durch. Wer offen FÜR jemanden eintritt, nimmt dessen Scheitern in Kauf - befördert es sogar .. .


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Das mag in Brüssel auf manches Unverständnis stoßen, in Wien kaum. Auch die Volkspartei hat es bewiesen: Deren Wiener Funktionäre haben sich FÜR Harry Himmer ausgesprochen - das war sein Ende.

So wird in Wien Politik gemacht. Sollte Gusenbauer am kommenden Donnerstag doch aufs Schild des EU-Außenministers gehoben werden, so dürfte das in Österreich niemanden verwundern.

Christine Marek wird auch Chefin der Wiener ÖVP, weil sie zuerst ablehnte und weil sich niemand (offen) für sie aussprach. Nun, Marek hat es geschafft. Ob es auf europäischer Ebene auch funktioniert, wird sich zeigen.

Da der Österreicher in diesem Labyrinth schwimmt wie der Fisch im Wasser, hat er gelernt, alle Ambitionen zu verbergen. Nur wer offiziell nichts werden will, hat eine Chance.

Damit ist klar, was von der Ankündigung von FPÖ-Chef Strache zu halten ist, der erklärte, dass er Wiener Bürgermeister zu werden wünsche: Er wird es nie. (Abgesehen davon, dass der regierende Bürgermeister Häupl mit seiner Volksbefragungs-Aktion den Freiheitlichen die Themen für das Wahljahr aus der Hand nimmt.) Häupl würde auch nie sagen: Ich möchte unbedingt Bürgermeister bleiben. Dieser Satz wäre eine größere Bedrohung als ein wenig ambitionierter Parteiapparat.

Wer etwas werden will, darf es nie laut sagen. Werner Faymann wollte nie Kanzler werden, Wolfgang Schüssel sogar in Opposition gehen: Wir kennen die Karriere beider.

Vielleicht hat die ÖVP dieses Spezifikum vor Augen, wenn sie nun Alfred Gusenbauer in Brüssel lauthals unterstützt. Nach österreichischer Lehre müsste ihn das verhindern helfen ...