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"Nie wieder ein zweites Knittelfeld"

Von Martyna Czarnowska

Politik

Die FPÖ hat mit Mathias Reichhold einen neuen Obmann. Beim außerordentlichen Bundesparteitag in Oberwart gaben dem 45-jährigen Kärntner am Samstag 92,2 Prozent der Delegierten ihre Stimme. In seiner Rede erklärte Reichhold den Wahlkampf offiziell für eröffnet, mit Programmansagen hielt er sich allerdings zurück. Dem Parteitag ferngeblieben waren Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer, Finanzminister Karl-Heinz Grasser und Peter Westenthaler. Doch einer, darin waren sich BeobachterInnen und KritikerInnen einig, war auch in seiner Abwesenheit omnipräsent: Jörg Haider.


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Von Aufbruchstimmung ist zwar viel die Rede aber weniger zu spüren. Einheit und Geschlossenheit werden beschworen beim außerordentlichen Bundesparteitag der FPÖ im burgenländischen Oberwart. "Wir müssen z'samm'halten, wir müssen schauen, dass wir zukunftsträchtig werden", bläut ein Delegierter in der Vorhalle des Messezentrums seinen KollegInnen ein. "Die Stimmung an der Basis ist gut", zeigt sich ein FPÖ-Mitglied aus dem Burgenland überzeugt. "Ihr werdet schon sehen: Der Reichhold wird mit 99,9 Prozent gewählt."

Angesprochen auf eine solche Prognose muss Verteidigungsminister Herbert Scheibner schmunzeln. "Das wäre nicht schlecht", erklärt der stellvertretende Bundesparteiobmann, der diese Funktion kurz später zurücklegen wird. Die Stimmung schätzt auch er als sehr positiv ein. Die Delegierten seien offen für Neues. Warum dann der begeisterte Applaus, sobald der Name des Altparteiobmanns Haider erklingt? Ist dies das Zeichen für einen Neubeginn? "Es ist kein Abschied von Jörg Haider, aber es wird eine neue Führung gewählt. Insofern beginnt sehr wohl eine andere Ära", meint Scheibner.

"Gemeinsam stark" sollen die Freiheitlichen nun agieren, lautet das Motto. Der parteiinterne Richtungsstreit, der mit dem Delegiertentreffen in Knittelfeld einen Höhepunkt erreicht hatte, soll weggeredet werden. Aber nicht alle Delegierten lassen sich diskussionslos darauf ein. "Eine FPÖ, die ihre Wahlversprechen nicht hält, ist nicht meine FPÖ" heißt es da. Oder: "Jörg Haider hat uns zu Höhenflügen geführt. Einen solchen Umgang hat er sich nicht verdient."

Doch in Oberwart wird ihm Dank und Anerkennung von allen Seiten gezollt. Vielleicht gelten auch teilweise ihm die standing ovations, mit denen der ehemalige oberösterreichische Landesparteivorsitzende Hans Achatz von einigen bedacht wird. Respekt für seinen Vorvorgänger fordert auch Mathias Reichhold ein. Denn der Aufschwung der FPÖ sei eng verbunden gewesen mit einem Mann: Jörg Haider. "Er hat mich ausgewählt", erklärt der Parteiobmann.

Tags darauf wollte Haider selbst dies betont wissen. Vor allem dank seiner Unterstützung sei Reichhold an die Spitze der FPÖ gewählt worden. Die Delegierten hätten gemeint, "wenn der Jörg hinter ihm steht, dann vertrauen wir ihm", fasste Haider zusammen.

Reichhold reagierte mit den selben Worten, die er schon in Oberwart verwendet hat: "Ich bin keine Marionette." In Oberwart stellte er noch vor seiner Wahl klar: Er sei kein Statthalter. "Wenn ich es werde, bin ich euer Parteichef."

Inhaltliche Zugeständnisse an die KritikerInnen des Regierungskurses blieben dennoch nicht völlig aus. "Natürlich halten wir am Ziel der Steuerreform fest", kündigte Reichhold an - ohne sich auf einen Zeitpunkt der Umsetzung festlegen zu wollen. Die Entscheidung über die Abfangjäger-Beschaffung sei verschoben, weil es noch viele offene Fragen gebe. Die EU-Osterweiterung sei "ohne Benes nicht vorstellbar" - womit wohl die Bedingung der Aufhebung der Dekrete gemeint war.

Dass Haiders Einfluss an der neu gewählten Parteispitze nicht ganz abklingen sollte, machten die Delegierten bei ihrer Stimmabgabe deutlich. Denn die Zustimmung für Sozialminister Herbert Haupt, der als enger Vertrauter des Kärntner Landeshauptmanns gilt, übertraf mit 96,6 Prozent die 92,2 Prozent für den Parteiobmann. Über 80 Prozent der Stimmen erhielt Magda Bleckmann, eine jener Delegierten, die für einen Sonderparteitag unterschrieben hatten. Weniger erfolgreich schnitten Reichholds weitere Stellvertreter, Thomas Prinzhorn und Max Walch, ab (siehe auch unten).

"Die FPÖ ist wieder da", tönte der neu gewählte Parteiobmann - und forderte abermals zu Einigkeit auf: "Bauen wir darauf, dass es nie wieder zu einem zweiten Knittelfeld kommt." Damit erklärte er den Wahlkampf für eröffnet. Als Ausrüstung dafür erhielten die Delegierten eine Bürste zum Plakate-Kleben mit auf den Weg.

Ein zweites Knittelfeld war Oberwart für die meisten von ihnen nicht. Doch einigen erschien Reichhold keineswegs der zu sein, als den ihn Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer gestern sah: Der Mann, der die Partei einen kann.