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Niedere Instinkte

Von Stefanie Holzer

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An Feiertagen und Wochenenden verwechselt der ORF sich selbst mit einer in der Filmauswahl etwas eingeschränkten amerikanischen Videothek. An Mariä Himmelfahrt, der in den österreichischen Bergen auch "Hoher Frauentag" genannt wird, wurde uns neben Sepp Forchers gemütlichem "Klingenden Österreich", irgendein Politthriller mit Harrison Ford und Brad Pitt, "Weißblaue Geschichten" zum schnell Einschlafen und Sharon Stone in "Basic Instinct" aufgetischt. Wahrscheinlich weil Sharon Stone so groß und so schön ist. Ich hab schon eine Idee, was wir uns nächstes Jahr zu diesem Termin anschauen könnten: Madonna in ihrem kleinen Sexfilm, der vor ein paar Jahren ein solches Aufsehen erregt hat.

Nicht nur die Filme sind einfallslos amerikanisch, es ist auch im allgemeinen ein schmerzlicher Mangel an Flexibilität und Respekt den Künsten gegenüber festzustellen: Weil die große Elfriede Ott heuer 75 wird, strahlte man am 15. August lang nach 22 Uhr eine ziemlich mittlere Nestroy-Satire aus der Burg Liechtenstein in Maria Enzersdorf aus.

Vor einigen Wochen, als Ernst Jandl starb, konnte man sich erst nach ziemlich vielen Tagen dazu aufraffen, den Dichter fernsehmäßig zu verabschieden. Nicht einmal der 250. Todestag von Johann Sebastian Bach war gewichtig genug, um ihm einen Sendeplatz um Viertel nach Acht zu sichern. Da nimmt es einen schon gar nicht mehr Wunder, wenn man auf der Homepage des ORF zwar Ö 3 und FM 4, aber nicht Ö 1 direkt anwählbar macht.