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Niederlande setzen auf Vertiefung

Von Martyna Czarnowska

Europaarchiv

Gegen eine "irrationale" Türkei-Debatte spricht sich der niederländische EU-Vorsitz aus. Während EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen bei seiner Reise in die Türkei gestern mehr Rechte für die kurdische Minderheit in dem Land forderte, erklärte der Botschafter der Niederlande, Justus Jonathan de Visser, die mögliche Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit Ankara zu einem Schwerpunkt der EU-Präsidentschaft. Die Türkei sei jetzt "voll und ganz auf der Agenda", erklärte er in Wien.


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Zu einer Debatte über einen möglichen EU-Beitritt der Türkei wurde die Präsentation der Schwerpunkte der niederländischen EU-Präsidentschaft, die sich Botschafter Justus Jonathan de Visser in Wien vorgenommen hatte. Doch Schlussfolgerungen wollte er nicht vorwegnehmen: Gelte es doch den Bericht der EU-Kommission im Oktober abzuwarten. Gleichzeitig lehnte er "Entscheidungen nach Religionen" ab. "Wir wollen verhindern, dass irrationale Ängste vor dem Islam überhand nehmen", erklärte de Visser.

EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen, der die Gültigkeit des Zeitplans für die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit Ankara bekräftigt hatte, forderte gestern mehr Rechte für die kurdische Minderheit in der Türkei. Vor allem beim Unterricht und bei Rundfunkprogrammen in kurdischer Sprache müsse mehr getan werden, meinte er.

Doch nicht nur mögliche Gespräche mit der Türkei zählen zu den Schwerpunkten der niederländischen Präsidentschaft. Die Erfolge des irischen Vorsitzes wird sie allerdings nur schwer übertrumpfen können. Das soeben gewählte Europaparlament muss sich erst konstituieren; zudem folgt im Oktober der Wechsel in der EU-Kommission mit einer weitgehend neuen Mannschaft und veränderter Aufgabenverteilung. So sieht der niederländische Premier Jan Peter Balkenende die Konsolidierung der erweiterten Union als eines seiner Hauptziele an. Ebenso wie wirtschaftlichen Aufschwung: Angesichts der dynamisch wachsenden Wirtschaften etwa Asiens und Brasiliens müsse Europa handeln und die Lissabon-Strategie umsetzen, betonte auch Botschafter de Visser. Das Potenzial des Binnenmarktes werde nur ungenügend genutzt.

Ebenso ist die Finanzausstattung der Union für den Zeitraum 2007 bis 2013 auf der Agenda. Zwar stehen die Entscheidungen darüber erst im kommenden Jahr an. Doch bis dahin muss eine Verständigung auf Richtlinien und Förderungen erfolgt sein.