Trotz Krise: Handel und Metallbranche suchen Lehrlinge. | St. Pölten. "Für die Renovierung der Tullner Eisenbahnbrücke hätten wir 40 Schweißer gebraucht - nicht einen einzigen konnten wir auftreiben", klagt Franz Reiter, Obmann der Wirtschaftskammer (WK) Tulln. "In Niederösterreich herrscht trotz Finanzkrise und Arbeitslosigkeit ein eklatanter Mangel an Fachkräften", sagt Arnold Stivanello von der WK Niederösterreich (NÖ) dazu.
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Insbesondere die Metallbranche, der Handel, Industrie- und Tourismusbetriebe suchen Lehrlinge. Daher fehlen etwa Schweißer, Zimmerer und Köche. "Die meisten jungen Menschen zieht es in die Großstadt", weiß Stivanello, "und nicht in einen Lehrbetrieb auf dem Land." Außerdem wachsen laut Reiter Fachhochschulen (FH) wie Schwammerl aus dem Boden, "sodass ausgebildete Lehrlinge häufig die Matura nachholen, um auf die FH zu gehen."
In der Hoffnung auf eine lukrativere Arbeitsstelle kehren viele dem Lehrberuf den Rücken - eine Tatsache, die laut Stivanello auf dem Unwissen über die Karriere- und Verdienstmöglichkeiten im Facharbeiterberuf beruht - ein Polier etwa verdient 3550 Euro brutto im Monat.
Um Jugendliche darauf und auf die derzeit guten Aussichten auf eine Stelle als Facharbeiter aufmerksam zu machen, werden nun in den Schulen von NÖ Kataloge der WK verteilt. "Diese informieren darüber, wo welche Berufe ausgebildet werden", erklärt Reiter.
Polier statt Friseurin
Vor allem Mädchen sollen Berufe schmackhaft gemacht werden, die nicht für Frauen typisch sind. Denn 62 Prozent der Mädchen in NÖ ergreifen nur fünf Prozent aller 218 hier angebotenen Lehrberufe. "Es muss ein Umdenken stattfinden", meint Reiter, "damit ein Mädchen nicht immer Friseurin, sondern vielleicht einmal Polier wird."