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Handelskammern fordern praxisnahe Berufsausbildungsreform in Slowakei.
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Bratislava. Nach dem Erdrutschsieg des Sozialdemokraten Robert Fico bei den Neuwahlen am 10. März ist der erwartete Aufschrei von Auslandsinvestoren in der Slowakei ausgeblieben. Dabei stellt der designierte Ministerpräsident deutliche Mehrbelastungen ab 1. Jänner 2013 in Aussicht. Er will die auf bestimmte Passiva fällige Bankensteuer von 0,4 auf 0,7 Prozent erhöhen und Unternehmen mit einer jährlichen Steuerbemessungsgrundlage von mehr als 30 Millionen Euro mit einem Körperschaftsteuersatz von 22 statt der bisherigen 19 Prozent belegen. Außerdem sollen Einkünfte natürlicher Personen aus Dividenden mit 5 Prozent besteuert werden, den Mehrwertsteuersatz will Fico von 20 auf 24 oder 25 Prozent anheben.
Der designierte Finanzminister Peter Kazimir pocht gar darauf, "dass wir ein Recht auf eine progressive Einkommensteuer haben, weil wir die öffentlichen Finanzen sonst nicht wie versprochen bis Ende 2013 unter Kontrolle bringen". Um das zu erreichen, muss die neue Regierung nach jüngsten Berechnungen rund 1,2 Milliarden Euro einnehmen.
"Steuern sind längst nicht der einzige Standortfaktor", sagt der Präsident der Slowakisch-Österreichischen Handelskammer in Bratislava (SOHK), Josef Altenburger. Es gehe vielmehr darum, "ob die Fico-Regierung zu einem umfassenden Dialog mit der Wirtschaft bereit sein wird". Darüber hinaus soll die Slowakei vor allem für diejenigen attraktiver werden, die schon länger im Land investieren.
Steigende Produktivität
"Wir beobachten seit geraumer Zeit, dass nicht mehr sehr viele neue Investoren kommen, dafür aber Unternehmer ihre Investitionen vertiefen", ergänzt der Geschäftsführer der Deutsch-Slowakischen Industrie- und Handelskammer, Guido Glania. Das macht er beispielsweise an einer steigenden Produktivität der Beschäftigten fest. Diese ist laut der "Stimmungsfrage 2012" von acht europäischen Handelsvertretungen in Bratislava, an der sich 212 Unternehmen beteiligt haben, neben der Zugehörigkeit zur Eurozone der wichtigste Vorzug des Wirtschaftsstandorts Slowakei für Auslandsinvestoren.
Die wachsende Bedeutung insbesondere gut qualifizierter Facharbeiter für Investoren lässt sich auch an einem Appell von zwölf Auslandshandelskammern an die Regierung ablesen. Die Forderung nach allgemein verbindlichen Standards und hohem Praxisbezug bei der Berufsausbildung stehen dort an erster Stelle.
Zurzeit würden sich 88 Prozent der befragten Auslandsinvestoren wieder für die Slowakei entscheiden. Damit bleibt sie der attraktivste Investitionsstandort in Mitteleuropa. Allerdings erwächst der Slowakei zunehmende Konkurrenz in Polen. Zurzeit buhlen die beiden Länder um Investitionen von ThyssenKrupp oder IBM. "Polen hat, und das ist ein Sonderfall in der Region, massiv in die Verkehrswege investiert. Außerdem ist das Land mit 40 Millionen Einwohnern ein sehr attraktiver Verbrauchermarkt", erläutert Glania die Hintergründe.
Auch aus einer Umfrage von Deloitte & Touche unter 250 Firmenchefs in Kroatien, Polen, Rumänien, der Slowakei, Tschechien und Ungarn ergeben sich gute Perspektiven für Polen. Gerade einmal zwei Prozent der Befragten rechnen heuer mit einer Rezession, immerhin ein Zehntel mit einem Wachstum von mehr als 3 Prozent. Ganz anders sieht es im krisengebeutelten Ungarn aus. Dort rechnen 40 Prozent der Befragten mit einer Rezession. Nicht einmal 10 Prozent von ihnen erwarten ein mäßiges Wachstum bis 3 Prozent.