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Niemand merkt was?

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Kanzler Werner Faymann und Sozialminister Rudolf Hundstorfer sagten, die Bürger würden von weiteren Budgeteinsparungen nichts bemerken, Staatssekretär Reinhold Lopatka widerspricht. Nun stellt sich die Frage: Was bedeutet "nichts bemerken"? Und was sind "weitere Einschnitte"? Die Budgetzahlen sind für diese Fragen schlechte Antwortgeber. Eine bessere Kennzahl ist die Arbeitslosenrate. Die Winterarbeitslosigkeit wird in bisher nicht gekannte Höhen steigen, warnt das AMS. Auch die OECD rät Österreich, die "automatischen Stabilisatoren" wirken zu lassen. Im Klartext: die Mittel für das AMS nicht zu kürzen, um eben der Arbeitslosigkeit Herr werden zu können.

Nun, 450.000 Arbeitslose sind eigentlich ausreichend bemerkbar, sollte man in Richtung SPÖ meinen. Aber was meinte die ÖVP mit weiterer Bemerkbarkeit? Nun will auch die Volkspartei keine höhere Arbeitslosigkeit, das kann ihr getrost unterstellt werden. Aber wenn die Hälfte der Arbeitslosen Bürger ohne berufliche Qualifikation sind, ist relativ klar, wo der Hebel anzusetzen ist.

Um aber Lehrabschlüsse zu ermöglichen, ist es nötig, größeres Augenmerk dem Sozialbereich zuzuwenden und Geld für die Ausbildung Jugendlicher bereitzustellen.

Und es bedarf einer erneuerten Art Übereinkunft mit den Unternehmen. Die Zahl der Ausbildungsbetriebe ist im Gewerbe deutlich gesunken, das muss sich umkehren. Gerade bei Klein- und Mittelbetrieben muss die Wirtschaftskammer ihrer Sozialpartner-Verantwortung nachkommen.

Die Debatte um Luxuspensionen kommt gut an, doch lenkt sie vom wahren Problem ab. Österreich hat ein Problem bei der Binnen-Nachfrage und bei der Massenkaufkraft. Hartz-IV-Regeln wie in Deutschland und die damit verbundenen Eingriffe in die Privatsphäre wären in Österreich unmöglich, doch die Steuer- und Lohnpolitik der vergangenen Jahre bewirkte dasselbe: Die Reallöhne sinken. Der Effekt ist sichtbar: Tischler machen weniger Geschäft, Ikea mehr. Nur werden Ikea-Möbel in Asien erzeugt.

Wenn also von Budgetpolitik die Rede ist, zählen nicht die Summen, sondern was mit dem dahintersteckenden Geld passiert. Und das bemerken die Bürger sehr wohl, mehr als ihnen lieb sein kann. Österreichs EU-Beitragszahlungen sind übrigens dabei nicht das Problem, sondern die restlichen 99 Prozent . . .