Zum Hauptinhalt springen

Nigel Farage plant seine Rückkehr

Von WZ-Korrespondent Peter Nonnenmacher

Politik

Ex-Ukip-Chef Farage wittert neue Chancen in London, wo bei der Rechten die Frustration wächst.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 6 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

London. Die akuten Folgen des Brexit und ein scharfer Rechtsruck seiner Partei lassen den prominentesten Brexiteer an Rückkehr denken. Nigel Farage, bis 2016 Vorsitzender der Unabhängigkeits-Partei Ukip, möchte die "Kippers" wieder im Kampf um "echte Unabhängigkeit" führen - die Partei aber auch vor einem Abrutschen ins politische Abseits bewahren.

Am Donnerstag forderte Farage die Partei, für die er noch immer im Europa-Parlament sitzt, zum Sturz des gegenwärtigen Ukip-Chefs Gerard Batten auf. Ukip müsse Batten "loswerden", erklärte er. Der führe die Partei "in eine schändliche Richtung". Und das "ausgerechnet zu einer Zeit, in der Konservative und Labour den Brexit gleichermaßen verraten und Ukip die Chance hat, weite Teile der Wählerschaft an sich zu ziehen".

Anlass für die Tirade war die Entscheidung Battens, einen vorbestraften Rechtsradikalen zu seinem "Berater" zu ernennen. Tommy Robinson ist als Begründer der anti-islamischen "Englischen Verteidigungs-Liga" bekannt. Als "Ligist" kann Robinson offiziell nicht Ukip-Mitglied werden. Aber Batten schätzt seine "Sachkenntnis" so sehr, dass er sich von ihm über pakistanische Gangs in England und die Lage in britischen Gefängnissen beraten lassen will.

Seit Batten diesen April zum Ukip-Chef gewählt wurde, hat er die frühere Partei der EU-Gegner immer weiter nach rechts befördert. Den Islam hat er als "Todeskult" bezeichnet und den Propheten Mohammed als "Kinderschänder" beschimpft. "Spezielle Sicherheitsüberprüfungen" hat er verlangt für Ankömmlinge aus moslemischen Ländern, und separate Gefängnisse für moslemische Häftlinge im Königreich.

Batten selbst hält Farage schlicht für einen "Heuchler". Immerhin habe der gute Nigel auch schon Abschirmung von fremden Kulturen gefordert - etwa als er während der Brexit-Kampagne ein Plakat enthüllte, das eine drohende Überflutung Englands durch nahöstliche Flüchtlinge beschwor.

Farage will von Battens Anti-Islam-Kurs aber nichts wissen. Ukip, findet der Partei-Mitbegründer, müsse sich wieder auf den Brexit konzentrieren - zumal zu einer Zeit, da Theresa Mays Tory-Regierung und alle anderen Parteien "den Volkswillen verraten" hätten, der sich aus dem Referendums-Beschluss von 2016 ergab.

In der Tat hat Mays Suche nach einem Brexit-Kompromiss mit der EU viel Frustration verursacht in Teilen des Landes. Seit Ukips absolutem Tiefpunkt bei den englischen Gemeinderatswahlen im Mai, bei denen die Partei gerade noch auf 1 Prozent der Stimmen kam, hat sich ein klarer Stimmungsumschwung bemerkbar gemacht.

Der Brexit-Deal, den May am Sonntag zu besiegeln hofft, hat den Anteil der Briten, die wieder Ukip wählen wollen, auf über 8 Prozent steigen lassen. Und sollten die Pro-Europäer im Parlament den Brexit, etwa über ein neues Referendum, gar noch "sabotieren", rechnet Farage mit einem Massenzustrom für "seine" alte Bewegung - solange Ukip sich nicht in "schlechte Gesellschaft" begibt.

Beobachter in London weisen auch darauf hin, dass Farage just im Begriff steht, seine bisherige "Schaubühne" und einen Gutteil seiner finanziellen Ressourcen einzubüßen. Denn von Ende März nächsten Jahres ist es mit Farages Auftritten in Straßburg und Brüssel vorbei.

Als Konsequenz des Brexit scheiden alle Briten aus dem Europa-Parlament aus. Und dieses war die eigentliche Bastion Ukips - vor allem, weil die Partei es nie über Wahlen ins Unterhaus schaffte. Millionenbeträge aus der Brüsseler Kasse sind der Partei über die Jahre zugeflossen. Auch Farage hat "von Europa" ordentlich profitiert. Aus seiner Verbindung zu US-Präsident Donald Trump, von der er viel erwartete, hat sich nichts ergeben. Zuletzt versuchte sich Farage als Talkshow-Host in London. Nun scheint er ernsthaft an Rückkehr auf den alten Posten zu denken - in der Hoffnung auf eine neue, zentrale Rolle im Herzen der britischen Politik.