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Die rechtspopulistische Unabhängigkeits-Partei Großbritanniens, Ukip, ist in rapidem Zerfall begriffen.
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London. Angesichts des rapiden Zerfalls der britischen Unabhängigkeitspartei Ukip hat sich am Montag in London die Erwartung verstärkt, dass der frühere Parteivorsitzende Nigel Farage schon bald zum Sprung zurück auf die politische Bühne des Vereinigten Königreichs ansetzen wird. Ukip-Anhänger hoffen, dass er seine alte Gruppierung durch erneute Übernahme der Führung vor dem Untergang bewahren wird.
Alternativ könnte der Brexit-Veteran Ukip aber auch vollständig den Rücken kehren und mit einer neuen Partei oder politischen Bewegung das Terrain rechts von den Konservativen besetzen. Spekulationen in dieser Richtung haben sich gemehrt, seit Farage diesen Monat mit dem Multimillionär und ehemaligen Ukip-Sponsor Arron Banks zu "eingehenden Gesprächen" zusammentraf.
Farage, der noch immer Fraktionschef Ukips im Europa-Parlament ist, hat zur Frage einer Parteigründung bisher vorsichtig geschwiegen. Er hat aber erklärt, er könne sich eine Rückkehr ins Rampenlicht britischer Politik gut vorstellen, falls sich zeige, dass Theresa May keinen "echten" Austritt aus der EU zulassen will.
Schon die von der Premierministerin geplante zweijährige Übergangsphase, in der weiter EU-Regeln gelten sollen, hält Farage für inakzeptabel. Großbritannien dürfe nicht mit einem Fuß in der Union bleiben, hat er verkündet. Nach März 2019 müsse Schluss sein mit der Einbindung in die Union. Zur Absicherung eines "sauberen Brexit" erwägt Farage neuerdings sogar, mit wehenden Fahnen in die Schlacht eines zweiten EU-Referendums zu ziehen.
Sein langjähriger Verbündeter, Finanzier Banks, hat schon seit Monaten ganz offen den Plan verfolgt, eine "neue Bewegung" im rechten Spektrum ins Leben zu rufen. Farage soll die Führung übernehmen.
Der Politiker selbst hat mehrfach erklärt, er werde "auf keinen Fall" an die Spitze Ukips zurückkehren. Seine Ukip-Kollegen sind sich aber nicht sicher, wie ernst das gemeint ist. Unter Entscheidungszwang sieht sich Farage jetzt, weil sich die von ihm mitgegründete Partei in der schwersten Krise ihrer Geschichte befindet: Zu Wochenbeginn rebellierte fast die gesamte Parteispitze gegen Parteichef Henry Bolton, der abzutreten sich sträubt.
Die Unabhängigkeits-Partei des Vereinigten Königreichs ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. Die Gruppierung, die vor drei Jahren noch fast vier Millionen Wähler mobilisieren konnte, hat seit dem Brexit-Beschluss im Sommer 2016 ihren Lebenszweck und ohne Farage alle Popularität eingebüßt. Sie hat in kurzer Zeit dramatisch abgebaut und kommt auch finanziell kaum noch über die Runden.
Seit Farage im Juli 2016 den Vorsitz aufgab, sind zwei seiner Nachfolger in rascher Folge gescheitert. Diana James hielt sich, wegen bitterer innerparteilicher Kämpfe, nur 18 Tage im Amt. Ihr Nachfolger Paul Nutall gab auf, als Ukip im vergangenen Sommer bei den Unterhauswahlen von fast 12,6 Prozent Stimmanteil auf nur noch 1,8 Prozent abstürzte.
Dem im Herbst 2017 zum Vorsitzenden gewählten Henry Bolton aber, einem Ex-Offizier, sprach am Sonntag der gesamte Ukip-Vorstand das Misstrauen aus. Boltons Fall ist typisch für das Chaos, in das sich Ukip manövriert hat. Als der 54-Jährige über Weihnachten Frau und Kinder verließ, um mit dem 25-jährigen Model Jo Marney zusammenzuziehen, wurden seine Gefolgsleute erstmals unruhig.
Zum Eklat kam es aber, als Reporter auf Tweets von Jo Marney stießen, in denen diese erklärte, Prinz Harrys Verlobte Meghan Markle sei als "schwarze Amerikanerin" ein "Makel" fürs Königshaus. Markle bereite womöglich einem "schwarzen König" den Weg, klagte Marney.
Ukip-Funktionäre, denen in der Vergangenheit oft auch schon Rassismus vorgeworfen wurde, verlangten den sofortigen Rücktritt Boltons. Der suchte Zeit zu gewinnen und versicherte, er habe sich von seiner umstrittenen Freundin mittlerweile getrennt. Kurz darauf wurden beide aber beim Abendessen in einem Londoner Klub aufgespürt.