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"No fun" für deutsche Ärztekongresse

Von Christa Karas

Wissen

Sponsoring von Veranstaltungen im Ausland untersagt. | Urologenkongress wurde von Wien nach Berlin verlegt. | Düsseldorf/Wien. Der 59. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU) wird vom 26. bis 29. September 2007 in Berlin stattfinden. Zu einer Verlegung der Jahrestagung, die ursprünglich eine Woche später in Wien abgehalten werden sollte, entschloss sich der DGU-Vorstand kurzfristig. "Wir bedauern diese Entscheidung, zumal es sich um den Jubiläumskongress unserer wissenschaftlichen Fachgesellschaft handelt, die zum ersten Mal vor 100 Jahren in Wien tagte. Wir sehen uns aber zum Wohle der Gesellschaft verpflichtet, diesen Schritt zu gehen", sagt DGU-Generalsekretär Professor Michael Stöckle.


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Zu dem Vorstandsbeschluss kam es seinen Worten zufolge "aufgrund schwerwiegender, in dieser Tragweite nicht vorhersehbarer Umstände, die in Zusammenhang mit dem Auslandsstandort stehen und die den Kongressablauf gefährdet" hätten: "Dies war zum Zeitpunkt der Auswahl des Tagungsortes so nicht vorhersehbar." An der Programmplanung, "die wir gemeinsam mit den engagierten österreichischen Kollegen vorgenommen haben", werde sich nichts ändern.

Für Pharmaunternehmen mit deutscher Niederlassung sind ebenso wie für die deutschen Ärzte und Ärzteverbände harte Zeiten angebrochen. Ursache dafür ist der neue deutsche Pharmakodex, der nach einer Reihe von Bestechungsaffären geschaffen wurde und dessen Regeln nun rigoros angewendet werden.

Ein entsprechendes Gremium prüft streng den Tagungsort auf Freizeitmöglichkeiten (schon der Hinweis auf solche im Kongressprogramm gilt als Verstoß), den Fortbildungsanteil einer Veranstaltung und u. v. a. sogar geschenkte Fachbücher, wenn deren Inhalt nicht zur Gänze dem Thema entspricht.

Die Androhung und Verhängung von Bußgeldern gilt auch, sollten teure Hotels (mehr als vier Sterne), Caterer und Eventlocations gebucht werden - sowie für Kongresse im Ausland, die generell nicht mehr gesponsert werden dürfen. Was bedeutet dies nun für die österreichischen Kongress-standorte, vor allem Wien?

Keine Gefahr für

Drei-Länder-Kongresse

Martina Neuhold vom Austria Center Vienna nennt die DGU-Absage einen "schmerzlichen, für uns unverständlichen Präzedenzfall, ist doch Wien eine weltweit angesehene Kongressdestination ohne "Fun"-Charakter", gibt aber zu bedenken, dass rein deutsche Kongresse selten seien. Sie verweist auf die sogenannten "Drei-Länder-Kongresse", bei denen sich die Medizinischen Gesellschaften aus Deutschland, Österreich und der Schweiz stets in einem der drei Länder unter Federführung des jeweiligen Gastgebers treffen, sowie auf die Europäischen und die Weltkongresse, bei denen es keinerlei Probleme gebe.

Auch Alfred Flamm von Congress und Messe Innsbruck bestätigt eine Anfrage, die dann auf Grund des deutschen Pharmakodex zurückgezogen wurde. Mittlerweile sei die Diskussion zum Thema aber wieder abgeflaut, im kommenden Jahr werde es sogar drei Großkongresse mit Beteiligung von deutschen medizinischen Gesellschaften in Innsbruck geben.

Die Einbußen für die Kongressstandorte in Österreich dürften sich also eher in Grenzen halten. Dennoch meint wohl nicht nur Martina Neuhold, dass zu hinterfragen sei, "ob innerhalb der EU solche nationalen Maßnahmen überhaupt zulässig sind".