Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) in der Ortstafelfrage ist ein "No-Na-Urteil". Mit dieser Einschätzung hat VfGH-Präsident Karl Korinek den Nagel auf den Kopf getroffen. Die Erkenntnis, dass die slowenischen Zusatzschildchen in Bleiburg und Ebersdorf der Straßenverkehrsordnung widersprechen und zu entfernen sind, war keine große Überraschung. Genauso mit "No-Na-Net" zu quittieren ist die Reaktion des Kärntner BZÖ, das nicht daran denkt, die Schilder zu entfernen oder gar durch zweisprachige zu ersetzen. Der Schlagabtausch zwischen Wien und Klagenfurt ist nicht mehr als ein weiterer Baustein im unendlichen Ortstafel-Labyrinth und auf den ersten Blick keine große Sache.
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Doch auf den zweiten Blick birgt das VfGH-Urteil ein gehöriges Maß an Sprengkraft. Die große Koalition - sollte sie denn zustande kommen - wird sich neben den sachpolitischen Problemen nämlich auch mit dem machtpolitischen Stehaufmännchen Jörg Haider herumschlagen müssen. Denn er weiß den Ortstafelstreit geschickt für sich zu nutzen: Nach dem knappen Wiedereinzug in den Nationalrat ist Kärnten die einzige Hochburg des BZÖ geblieben. Und die einzige Möglichkeit für die Orangen, von den Medien beachtet zu werden, ist der Ortstafelstreit. Allein schon mit Blick auf die nächsten Landtagswahlen 2009 wird es sich Haider nicht nehmen lassen, kräftig für Eskalationen zu sorgen - und sei es durch Missachtung der Verfassung.
Die große Koalition muss sich nun die Frage stellen, ob Haider ein für alle Mal in die Schranken verwiesen soll, indem ein künftiger Bundeskanzler die Topografieverordnung durchsetzt, wie es die Verfassung vorsieht. Oder ob man das Problem auf sich beruhen lässt und wartet, bis sie sich 2009 vielleicht von selbst löst. Ein Dilemma: Bei Variante eins würden SPÖ und ÖVP Öl ins orange Feuer gießen und für Variante zwei gibt es keine Garantie.
Zwar haben laut dem Politologen Peter Filzmaier Analysen der letzten Nationalratswahl ergeben, dass die Ortstafelfrage selbst die Kärntner weniger emotionalisiert als angenommen. Dennoch "kann es Haider nur recht sein, wenn er sich an der Koalition in Wien reiben kann". Der Landeshauptmann hat ja die künftige Bundesregierung bereits davor gewarnt, Kärnten eine Lösung "aufdividieren" zu wollen.
Und damit liegt er wohl gar nicht so falsch, denn bis jetzt hat sich noch niemand getraut, eine Lösung durchzusetzen. Für SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim liegt der aus seiner Sicht mangelnden Initiative des scheidenden Bundeskanzlers Wolfgang Schüssel dessen eigene "Machtverliebtheit" zu Grunde. Für Jarolim ist klar, dass ein Kanzler Alfred Gusenbauer sofort zweisprachige Tafeln durchsetzen wird. Dass der Kompromiss vom Sommer an der SPÖ gescheitert ist, liege nur an der zweifelhaften Öffnungsklausel.
Obwohl kein Knackpunkt der Koalitionsverhandlungen, bergen die Ortstafeln dennoch viel Konfliktpotenzial für SPÖ und ÖVP.