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Nobelpreis weiter in der Kritik

Von Bernhard Baumgartner

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Es war an dieser Stelle bereits zu lesen, jedoch schlägt die Vergabe des Literaturnobelpreises an Annie Ernaux immer größere Wellen. Nun hat sich ein Schwergewicht zu Wort gemeldet: "Die Auszeichnung von Annie Ernaux mit dem Literaturnobelpreis ist ein Rückschlag für den weltweiten Kampf gegen Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit", sagte nun der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster. Und schoss einen Schlüsselsatz der Meta-Ebene dieser Debatte nach: Das literarische Werk der Französin könne und wolle er nicht beurteilen, aber die Auszeichnung gehe in ihrer Wirkung weit über die Fachwelt hinaus, so Schuster. Ernaux wird etwa Nähe zur BDS-Bewegung vorgeworfen. BDS steht für "Boykott, Desinvestition und Sanktionen". Dies richtet sich unter anderem gegen Waren aus Israel sowie die Zusammenarbeit in Kultur und Wissenschaft. Ernaux hat zum Boykott der Kultursaison "Frankreich-Israel" aufgerufen und 2019 zum Boykott des Song Contests in Tel Aviv.

Die Dichte der Vorwürfe macht mittlerweile klar, dass der Geehrten hier wohl nicht nur ein paar Ausrutscher passiert sind. Ihre anti-israelische Haltung scheint evident. Ja, aber hier geht es doch um Literatur? Ja, aber nein! Denn der Literaturnobelpreis hat sich stets auch als Preis für Literatur und Haltung verstanden. Mediokre Werkskataloge qualifizierten sich gerade erst durch die politischen Umstände für die höchste Ehre. Da kann man nicht Werk und Person trennen. Stockholm ist ein Missgriff unterlaufen.