Bagdad - Im ganzen Medienrummel um Countdowns und Fristen gerät die einfache Tatsache leicht in Vergessenheit, dass die UNO-Inspektionen im Irak noch ganz am Anfang stehen. So wurde bisher nur ein kleiner Bruchteil der Stätten besucht, die im Visier der Rüstungskontrollore sind.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 21 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Noch immer warten die Inspektoren auf ihr mobiles Chemielabor, und erst seit kurzem haben sie Hubschrauber zur Verfügung, um die großen Strecken im Irak schneller zurücklegen zu können.
Voller Spannung wartete die Weltöffentlichkeit am Montag auf den Bericht der beiden UNO-Chefinspektoren Hans Blix und Mohammed el Baradei an den Weltsicherheitsrat. Baradei wurde schon vor Abgabe des Berichts nicht müde zu betonen, dass die Rüstungskontrollore im Irak einfach mehr Zeit für ihre Arbeit brauchen. "Wir sind erst auf halbem Weg, und wir müssen die Option von Inspektionen ausschöpfen, bevor wir an irgendwelche Alternativen denken", sagte der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde.
Einige Zahlen und Fakten unterstreichen die vorläufige Natur der bisher von den Inspektoren geleisteten Arbeit:
- Die Chefinspektoren berichten, dass von den insgesamt 700 bis 800 Stätten im Irak, die von Interesse sind, bis zum 7. Jänner gerade 215 kontrolliert worden sind.
- Erst seit drei Wochen verfügen die UN-Mitarbeiter über eine Flotte von acht Helikoptern, die ihnen Blitzinspektionen ermöglichen. Außerdem erlauben die Hubschrauber den Kontrolloren, von der Luft aus nach radioaktiven Isotopen oder anderen Zeichen verbotener Waffenproduktion zu suchen.
Noch immer warten die Inspektoren auf das mobile Chemielabor und bessere Bio-Analysemittel, um ihnen die Suche nach verbotenen C- und B-Waffen zu erleichtern.
- Baradeis Atombehörde ist noch immer damit beschäftigt, die ersten Proben aus der Anfangsphase der Inspektionen zu untersuchen. Die Analysen werden nach Meinung der IAEO noch Monate benötigen.
Bis zu einem Abschluss der Waffeninspektionen im Irak könnte nach Meinung von UNO-Mitarbeitern möglicherweise ein ganzes Jahr vergehen. In den 90er Jahren hat die Mission der Vorgänger der derzeitigen Inspektoren immerhin acht Jahre gedauert. Dabei darf man aber nicht vergessen, dass die Arbeit jener UNO-Mitarbeiter Tag für Tag von den Irakern behindert wurde. Die neuen Inspektoren dagegen berichten, dass die irakischen Stellen im Allgemeinen gut mit ihnen zusammenarbeiten.
Dennoch wirft die US-Regierung der Führung in Bagdad mangelnde Zusammenarbeit vor, da diese ihre Massenvernichtungswaffen noch nicht übergeben habe. Freilich hat Washington bisher aber keine Beweise vorgelegt, dass der Irak diese überhaupt noch besitzt.
Gemäß Resolution des Weltsicherheitsrats sollen die Vereinten Nationen nach Abschluss der derzeitigen Inspektionsphase den Irak auch langfristig überwachen. Dank dieser Überwachung wird der irakische Staatschef Saddam Hussein in Zukunft in eine "eiserne Kiste" gesperrt, wie das Forschungsinstitut Carnegie Endowment for International Peace in Washington vorhersagt. "Sicherlich mag es legitime Bedenken hinsichtlich der Fähigkeit des Inspektionsregimes geben, versteckte Waffenlager zu entdecken. Es sollte aber keinen Zweifel an dessen Fähigkeit geben, eine militärisch bedeutende Industrieproduktion zu verhindern," heißt es in dem Carnegie-Bericht. AP