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Noch ist nicht ausgeraucht

Von Simon Rosner, Jan Michael Marchart und Brigitte Pechar

Politik

Die Regierung hat sich vorerst nicht auf ein Rauchverbot einigen können - was Wirte davon halten.


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Wien. Es geht nun doch nicht so schnell mit dem Rauchverbot in Lokalen. Eigentlich wollte der Ministerrat am Dienstag den Beschluss fassen, ein Gesetz für ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie auszuarbeiten. Herausgekommen sind jedoch lediglich Absichtserklärungen von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner und Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser. Das ist dann doch etwas weniger als erwartet. Einig war sich die Regierung nur darin, eine Aufklärungskampagne zu initiieren.

Eine Anhebung des Alterslimits von 16 auf 18 Jahre beim Zigarettenkauf, wie das Familienministerin Sophie Karmasin gefordert hat, fand bei den Regierungschefs kein Gehör. Auch eine von Experten geforderte Erhöhung des Zigarettenpreises wird laut Kanzler Werner Faymann nicht diskutiert. Für den Wiener Sozialmediziner Michael Kunze wäre dies aber der Schlüssel, um Jugendliche vom Rauchen abzuhalten: "Das Einzige, was junge Leute wirklich beeindruckt, ist der Preis. Preiserhöhungen beschäftigen die Jugendlichen, weil sie beschränkte finanzielle Mittel haben", sagt Kunze. In keinem anderen Land Europas rauchen so viele Jugendliche wie hier.

Dass der Ruf aus der Politik nach einem Rauchverbot vorerst verhallen oder eben nur in Inseraten einer Kampagne nachzulesen sein wird, könnte möglicherweise mit den Wirtschaftskammerwahlen zu tun haben. Diese enden im Februar, dann könnte wieder ein Fenster für ein Gesetz aufgehen, als Zeithorizont wurde im Ministerrat der Sommer genannt.

"Das ist eine Entmündigung"

Doch so einhellig gegen ein generelles Rauchverbot sind die Gastronomen nicht. Die "Wiener Zeitung" hörte sich bei Dorfwirten und Landgasthäusern um, die auch häufig mehr als nur ein Lokal sind. Sie sind ein Treffpunkt, der für das gesamte Dorfleben eine wesentliche Rolle spielt.

"Ich find’s traurig, dass man nicht gleich ein Verbot gemacht hat. Die jetzige Regel ist weder Fisch noch Fleisch", sagt Gernot Seidl vom Gasthof Rosenwirt in St. Stefan im Rosental. Seidl, selbst Raucher, bietet derzeit getrennte Bereiche an, "aber die Leute gehen eigentlich jetzt schon raus zum Rauchen." Sollte das Generalverbot kommen, werde er dies dann auch tun. "Dann müssen halt die Leute kurz warten, bis ich fertig bin." Er glaubt, dass die rauchenden Stammgäste auch weiterhin kommen werden.

Angelika Hofmann vom Gasthaus Hofmann in Loosdorf ist weniger optimistisch: "Ich habe meine Stammtische, darunter viele Raucher, die werden sich dann privat treffen." Sie versteht nicht, warum die aktuelle Regelung nicht bleibt. Da habe jeder, was er will. Zudem rauchen ihre Mitarbeiter selbst und hätten bisher nie Schutz eingefordert.

"Mein Mann hat das Gasthaus aufgebaut, es ist unser Haus, unser Lokal, wir finanzieren und renovieren alles, zahlen Steuern und dann kriegen wir Vorschriften, was wir in unseren Räumen tun dürfen. Das ist eine Entmündigung", sagt Hofmann. Sie befürchtet, dass vor allem die Jugend noch mehr in Richtung Zeltfeste abwandert. Auf dem Land sei das eine Bedrohung für die eingesessenen Wirtshäuser.

"Wir können gegen diese Zeltfeste nicht mehr ankämpfen", sagt Hofmann. Jeder Verein mache ein eigenes Zeltfest, das ziehe die Gäste aus den traditionellen Wirtshäusern ab. Sollte ein generelles Rauchverbot kommen, würde sich das verschlimmern, glaubt Hofmann, denn bei privaten Zeltfesten gilt ein Rauchverbot (derzeit) nicht.

Auch Anton Hiesinger vom gleichnamigen Landgasthaus in Rust im Tullnerfeld glaubt, dass Wirtshäuser mit nur klassischem Schankpublikum in Schwierigkeiten geraten könnten. Diese Gäste würden zu Bier und Zigarette extra ins Wirtshaus kommen, "daheim rauchen sie meistens nicht, daher werden sie auch nicht mehr kommen", sagt Hiesinger. "Das Bier können sie ja auch daheim trinken." Er selbst hat jedoch keine Sorge um sein Lokal.

"Keine großen Einbußen"

Für ein generelles Verbot plädieren Gerhard Bauer vom Gasthaus zum Goldenen Kreuz in Feuersbrunn und Gerhard Ladinig, der in Herrnbaumgarten im Weinviertel das einzige Gasthaus des Ortes betreibt. "Ich glaube nicht, dass die Betriebe so große Einbußen haben werden", sagt Bauer, der eine Unterteilung wie jetzt als "zu mühsam" empfindet. Ladinig glaubt gar, dass die meisten Gastronomen für ein generelles Rauchverbot sind. "Ich würde das beinhart durchziehen. Hätte man das damals schon eingeführt, wäre heute alles bereits verdaut", sagt Ladinig.

Das Gasthaus Berger in Weyer hat sich bei der Neuübernahme des elterlichen Betriebs vor zwei Jahren entschieden, ein Nichtraucherlokal zu werden. Zu Beginn habe man das Rauchen noch in einem Bereich gestattet, aber nur ein paar Wochen lang. Die Gäste hätten sich nämlich nicht an die Zonen gehalten. Deshalb wurde das Rauchen gänzlich untersagt. "Wenn man ständig im Verrauchten steht, ist es einfach unzumutbar", sagt Betreiberin Kristine Wildling, die in den Raucherbereich vor der Türe sogar investiert hat. Es gibt dort einen Windschutz und eine Infrarotlampe.

Sie selbst raucht zwar mittlerweile nicht mehr, doch als sie in Irland gearbeitet hat, sei es selbstverständlich gewesen, vor die Türe zu gehen. "Das war auch kein Problem, außerdem trifft man ja draußen Leute." Nicht nur der Stammtisch beim Dorfwirt ist also ein Treffpunkt, sondern auch der Raucherbereich davor.