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Die stellvertretende ÖVP-Obfrau Elisabeth Gehrer bewarb gestern das Harmonisierungsmodell der Regierung: Gemeinsam mit der Pensionsreform 2003 würden damit die Weichen für die Zukunft Richtung "Nachhaltigkeit" gestellt. Ganz so sieht das Sozialexperte Bernd Marin nicht, konzediert aber, dass mit den Eckpunkten der Harmonisierung "relativ bahnbrechende Verbesserungen" vorlägen. Allerdings sieht er derzeit noch einen "Emmentaler mit mehr Löchern als Käse".
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Marin sieht zwar "große Schritte", eine volle Harmonisierung sei mit dem Entwurf aber auf Jahrzehnte nicht erreicht: Mehr als eine Million der über 55-Jährigen sowie hunderttausende Berufstätige wie Landes- und Gemeindebedienstete sowie Freiberufler blieben von der Harmonisierung ausgenommen. Nicht erfüllt sieht der Leiter des Europäischen Zentrums für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung das Ziel gleicher Beiträge: Bauern und Selbstständige "würden sehr großzügig entlastet" - hier gebe es eine "schiefe Optik".
Großes Lob hatte Marin aber für die "sehr großzügige Ersatzzeitenregelung für Kindererziehungszeiten" und die Vereinheitlichung mit den Ersatzzeiten für Präsenz- und Zivildienst sowie Pflege.
Schwerarbeiterregelung gilt noch bis 2006
Schwere Bedenken hat Marin gegenüber einer Schwerarbeiterregelung. Das wäre eine "Frühpensionierung durch die Hintertür". Denn wenn auch Ärzte (Nachtdienst) oder Militärs (Außendienst) und weitere Gruppen in die Regelung fielen, ergäbe das schließlich die Mehrheit: "Bevor es wird, wie es zu werden droht, sollte man es lieber bleiben lassen", sagt Marin. Besser wäre eine Schwerstarbeiterregelung mit einer Definition, in die bis zu 200.000 Menschen fallen.
Ministerin Gehrer gab in einer Pressekonferenz zu bedenken, dass die Schwerarbeiterregelung (die sogenannte Hacklerregelung II) noch bis ins Jahr 2006 gelte. "Es besteht keine Notwendigkeit, in besonderer Geschwindigkeit eine neue Regelung aus dem Boden zu stampfen", sagte sie.
Insgesamt attestierte Gehrer dem künftigen Pensionssystem Nachhaltigkeit und übte Kritik am ÖGB: Sie verstehe nicht, warum die Sozialpartner, die ja am Verhandlungstisch gesessen seien, nun den Menschen Angst machen würden. Schließlich hätten die Menschen selbst die Wahl: Bleiben sie bis 65 im Arbeitsprozess oder nehmen sie Abschläge für ein vorzeitiges Ausscheiden in Kauf.