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EU-Kommission drängt auf geringere Besteuerung des Faktors Arbeit. SPÖ und ÖVP auf der Suche nach Gegenfinanzierung.
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Wien. Am 17. März will die Regierung die Steuerreform vorstellen. Um rund 5 Milliarden bis 6 Milliarden Euro sollen die Bürger entlastet werden - woher diese Mittel allerdings kommen, steht noch auf einem ganz anderen Blatt. ÖVP-Obmann Vizekanzler Reinhold Mitterlehner hat am Freitag in Oberösterreich die ÖVP-Mitverhandler in Sachen Steuerreform - Finanzminister Hans Jörg Schelling und die Landeshauptleute von Oberösterreich und Vorarlberg, Josef Pühringer und Markus Wallner - in Linz getroffen. Die Herren gaben sich zugeknöpft.
Informell war zu erfahren, dass die ÖVP ihre Linie für die kommenden Verhandlungen besprochen hat. Die politischen Gespräche zwischen SPÖ und ÖVP werden Sonntag kommender Woche fortgesetzt. Grundsätzlich einig sind sich die Koalitionsparteien über die Senkung des Eingangssteuersatzes auf 25 Prozent und die Erhöhung der Negativsteuer. Das genaue Volumen der Entlastung ist noch offen. Auch die Gegenfinanzierung ist noch strittig.
EU empfiehlt höhere Steuern auf Erbe und Vermögen
Dass aber gerade eine Erbschafts-, Schenkungs- oder Umweltsteuer zu einer Verschiebung von der zu hohen Besteuerung des Arbeitseinkommens beitragen könnte, wird auch im nun erschienenen Entwurf zum Länder-Bericht 2015 der EU-Kommission wieder deutlich hervorgehoben. Dieser gibt der SPÖ damit Rückenwind, die ja zur Gegenfinanzierung der Steuerreform auf einer Erbschafts- und Schenkungssteuer ab einer Million Euro beharrt. Bringen soll das ein Einnahmevolumen von etwa 500 Millionen Euro. Ausnahmen soll es für Betriebsübergaben geben. "Ohne vermögensbezogene Steuern kann es keine sozial gerechte Steuerreform geben", sagte erst am Freitag wieder der frühere Innenminister und nunmehrige Präsident des SPÖ-Pensionistenverbandes Karl Blecha.
Die Plattform "Der Mittelstand", eine Initiative elf heimischer Wirtschaftsverbände, mobilisierte erneut gegen jede Art von neuen Vermögenssteuern. "Nein zu Substanzbesteuerung heißt auch Nein zu Erbschafts- und Schenkungssteuer", sagte der frühere ÖVP-Abgeordnete Günter Stummvoll, Sprecher der Plattform, am Freitag. Erbschafts- und Schenkungssteuern seien eine Gefahr für Eigentum und Arbeitsplätze. "In Wahrheit zielen sie genauso auf die Substanz wie klassische Vermögenssteuern", so Stummvoll.
Wirtschaftsforscher Gerhard Lehner bezweifelte die von der SPÖ angepeilten Einnahmen von 500 Millionen Euro durch die Erbschafts- und Schenkungssteuer. Mehr als 200 Millionen Euro jährlich seien mit der vor 2008 bestehenden Erbschaftssteuer nie eingehoben worden. Außerdem kritisierte Lehner den SPÖ-Vorschlag als "familienfeindlich", weil dieser bei Erbschaften keine Differenzierung nach dem Verwandtschaftsgrad vorsehe.
Die EU erwartet durch eine Senkung der Einkommensteuer, also der Steuer auf Arbeit, jedenfalls auch eine Ankurbelung des Arbeitsmarktes - vor allem im Niedriglohnsektor. In dem EU-Papier wird ausdrücklich auf die EU-Empfehlungen aus 2014 hingewiesen, die Österreich eine höhere Immobilienbesteuerung, also eine höhere Grundsteuer, empfehlen. Diese mache in Österreich nur 0,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus und liege damit weit unter dem Durchschnitt der EU-28 von 2,3 Prozent. Vor allem übt die EU aber Kritik an der zu hohen Besteuerung des Faktors Arbeit in Österreich, was sich besonders schädlich auf das Wirtschaftswachstum auswirke. Hier könnte eben eine Verschiebung zu Erbschafts-, Vermögens-, Schenkungs- und Grundsteuern, aber auch zu höheren Umweltsteuern helfen.
Dass das Wirtschaftswachstum einen Schub braucht, zeigen die jüngsten Zahlen des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo). Diese sind ernüchternd - wie erwartet. Österreichs Wirtschaft ist Ende vorigen Jahres nicht vom Fleck gekommen. Gegenüber dem Vorquartal legte das BIP im vierten Quartal zum zweiten Mal in Folge nicht zu, rutschte aber auch nicht, wie von manchen befürchtet, ins Minus. Für das Gesamtjahr 2014 bekräftigte das Wifo ein Wachstum von 0,3 Prozent, unter Berücksichtigung der Zahl der Arbeitstage 0,4 Prozent.
Investitionen und Privatkonsum sehr schwach
Neuerlich machte das Wifo die Schwäche der Binnennachfrage bei Investitionen und Privatkonsum verantwortlich dafür, dass die Wirtschaft nicht vom Fleck kommt. Die leichte Verstärkung der außenwirtschaftlichen Impulse gegen Jahresende sei zu gering gewesen, um die Konsumschwäche auszugleichen, hieß es.
Im Dezember hatten die Institute für 2015 ein Realwachstum von 0,5 (Wifo) beziehungsweise 0,8 Prozent vorhergesagt und 1,1 beziehungsweise 1,6 Prozent für 2016.