)
Der Begriff Entwicklungshilfe - moderner: Entwicklungszusammenarbeit - ist grundsätzlich positiv besetzt, außer es geht ums Bezahlen. Die Kürzung der Mittel für diesen Posten im österreichischen Budget - noch dazu zu vorweihnachtlicher Zeit - hat erwartungsgemäß einen Aufschrei bei den karitativen Organisationen und den Grünen ausgelöst, den durchschnittlichen Österreicher aber kaltgelassen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Tatsächlich ist das, was sich hinter dem Begriff Entwicklungshilfe verbirgt, in vielerlei Hinsicht problematisch. Das beginnt schon mit der Einrechnung von Exportförderungen und Schuldennachlässen in die Entwicklungshilfe.
Lassen wir einmal Katastrophenhilfe beiseite und betrachten wir das Ziel der nachhaltigen Wohlstandsschaffung in den Entwicklungsländern. Die Hauptverantwortung dafür muss unzweifelhaft bei den Regierungen der Empfängerländer liegen. Länder, in denen Entwicklungshilfegelder von einer korrupten Oberschicht veruntreut werden oder die einen erheblichen Teil ihrer Mittel für Rüstung, Prestigeprojekte und populistische, wirtschaftlich kontraproduktive Umverteilungsmaßnahmen ausgeben, stellen kein sinnvolles Ziel für Entwicklungshilfe dar.
Diese harte Aussage ist durch eine ebenso harte zu ergänzen: Westliche Länder, die genau solche Regierungen aus politischen oder ökonomischen Interessen stützen, sind voll mitschuldig an den katastrophalen Zuständen in zahlreichen Entwicklungsländern.
Entwicklungshilfe läuft überwiegend bilateral und ist daher von nationalen Interessen geleitet, von politischen, militärischen, ökonomischen. Großprojekte mit der Aussicht auf Aufträge für die heimische Wirtschaft werden gefördert, auch wenn sie kaum dem eigentlichen Entwicklungsziel dienen. Die fundamentalen Voraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklung, nämlich Gesundheit, Ausbildung und eine flächendeckende materielle Infrastruktur, werden vernachlässigt.
Im humanitären Bereich fehlt es trotz des beeindruckenden Engagements der Beteiligten an Koordination für die Hundertschaften damit befasster Nichtregierungsorganisationen (NGO) und teilweise auch an fachlicher Kompetenz.
Fazit: Der ständige eindimensionale Ruf nach mehr Hilfe ist keine adäquate Antwort auf die Entwicklungsproblematik. Es bedarf grundsätzlicher Strukturreformen, um einen effektiveren und effizienteren Mitteleinsatz zu erreichen. Das bedeutet umfassende und längerfristige, auf die Bedürfnisse des jeweiligen Landes ausgerichtete und mit den einzelnen Regierungen verbindlich vereinbarte Entwicklungspläne, in die sich auf multilateraler Basis die Beiträge der Geberländer ebenso integrieren wie die Maßnahmen und Leistungen, zu denen sich die Nehmerländer zu verpflichten haben.
Erhard Fürst war viele Jahre Leiter der Abteilung Industriepolitik und Wirtschaft in der Industriellenvereinigung.