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"Noch meilenweit weg"

Von Helmut Dité

Analysen

VW kämpft weiter mit zu hohen Kosten. | Volkswagen--Konzernchef Bernd Pischetsrieder erhielt zwar nach monatelangen Querelen - bis spät in die Nacht vor der Hauptversammlung hinein - schließlich doch noch alle Stimmen im Aufsichtsrat für seine vorzeitige Vertragsverlängerung bis 2012.


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Dass auch die mächtigen Arbeitnehmervertreter im Kontrollgremium dem 58-Jährigen zustimmten, lässt Branchenanalysten aber einen Deal befürchten, der die dringend nötige Sanierung der Kernmarke VW zumindest weiter verzögern könnte: Die Zuständigkeit für die besonders unrentablen deutschen Komponentenwerke wechselt vom als "harter Hund" bekannten VW-Markenvorstand Wolfgang Bernhard - der zuletzt Werksschließungen angedroht hatte - zum manchmal als Zauderer kritisierten Bayern Pischetsrieder in die Konzernspitze.

Zwei Jahre hatte es gedauert, bis Pischetsrieder nach seinem Amtsantritt ein Sparpaket schnürte, das Europas größten Autobauer - und vor allem dessen marode Kernmarke VW - wieder näher an die wesentlich kostengünstiger und profitabler arbeitende asiatische aber auch europäische Konkurrenz heranführen sollte.

2002 hatte Pischetsrieder ein schweres Erbe von seinem Vorgänger Ferdinand Piëch übernommen. Die Konjunktur war eingebrochen, weltweit waren die Kunden nach den Anschlägen des 11. September 2001 in den USA verunsichert und hielten ihr Geld zusammen. Der steigende Ölpreis tat sein Übriges. Dazu kam, dass die vom Enkel Ferdinand Porsches hinterlassene VW-Modellpalette schnell alterte und bis heute große Lücken aufweist.

Pischetsrieder musste in den ersten Jahren die Gewinnprognosen mehrfach korrigieren. Daneben führte er bei VW einen dezentralen Führungsstil ein, der von den Managern bis zu den Arbeitern am Band mehr Eigenverantwortung verlangt. In der Belegschaft, die Piëchs autokratischen Stil gewohnt war, sorgte das Anfangs für Irritation.

Dass er die Gunst der Stunde zu nutzen weiß, bewies Pischetsrieder bei der Korruptionsaffäre. Er drängte von Beginn an auf eine schonungslose Aufklärung, was nicht zuletzt zum Rückzug des damaligen Personalvorstands Peter Hartz führte. Fast schien es, als kämen ihm die Details um Prostituiertenbesuche und Luxusreisen von Betriebsräten und Managern auf VW-Kosten gerade recht, um das als "System VW" kritisierte Beziehungsgeflecht zwischen Konzernspitze und Betriebsräten endlich aufzubrechen. Wenn Pischetsrieder diese Kur der "deutschen Krankheit" letztlich gelingt, könnte das Grundlage für eine erfolgreichere zweite Amtsperiode des früheren BMW-Chefs in Wolfsburg sein.

Bis 2008 will er - mit zahlreichen neuen Modellen und vor allem mit drastischen Kostensenkungen - den Konzerngewinn vor Steuern auf 5,1 Milliarden Euro steigern. "Wir sind noch meilenweit vom Ziel entfernt", räumte der studierte Maschinenbauingenieur allerdings ein - trotz weltweit zuletzt auf neue Rekorde gestiegener Verkaufszahlen.