Wie schon vor vier Jahren machten Latinos und Hispanics auch bei dieser Präsidentenwahl nicht den entscheidenden Unterschied - zur Enttäuschung der Demokraten.
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Keine Überraschung, dennoch bemerkenswert: Während die bei der US-Präsidentschaftswahl abgegebenen Stimmen, entgegen dem erklärten Willen von Amtsinhaber Donald Trump, am Mittwochmorgen nach wie vor gezählt wurden, kristallisierte sich im Laufe der Nacht ein Trend heraus, der in mit amerikanischen Verhältnissen nur peripher vertrauten Ecken im Rest der Welt für Verwunderung sorgte. Konkret die Ergebnisse in einem Segment der Bevölkerung, das gemeinhin unter dem Kürzel "Latinos" subsumiert wird.
Oberflächlich besehen konnte Trump dort, wo es zählt - dort, wo es um die Stimmenmehrheit in den einzelnen Staaten geht -, bei diesem Segment der Bevölkerung entscheidende Erfolge verbuchen. Allen voran in Florida. Obwohl sein Herausforderer Joe Biden in den bevölkerungsreichsten Wahlbezirken - dem Großraum Miami (Miami-Dade) und seinen Vororten (Broward, Palm Beach) - mit teils gehörigem Abstand gewann, bekam der Präsident ebendort genug Stimmen, um sich eine Mehrheit im Bundesstaat zu sichern. Ebenso in Texas, wo die Hoffnung der Demokraten, die seit Jahrzehnten konservative Festung mit Hilfe der Minderheit zu erobern, einmal mehr enttäuscht wurde.
Hauptsächlich in fünf Bundesstaaten
Warum die politische Präferenz der Latinos in der Wahlnacht trotzdem nur eine untergeordnete Rolle spielte, lag unter anderem an ihrer Verteilung: Zwei von drei Wahlberechtigten mit Migrationshintergrund aus der spanischsprachigen Karibik, Mittel- und Südamerika, insgesamt 32 Millionen des gesamten Elektorats (13,3 Prozent), leben in nur fünf Bundesstaaten. Mit rund acht Millionen zählt Kalifornien von diesen wiederum allein ein Viertel, gefolgt von Texas (5,6 Millionen), Florida (3,1), New York (2) und Arizona (1,2).
Auch wenn es am Mittwochmorgen für definitive Urteile noch zu früh war, schien das oben Beschriebene einmal mehr den feinen Unterschied auszumachen. Als Latinos werden in den USA Bürgerinnen und Bürger klassifiziert, die aus den oben genannten Weltgegenden stammen und teilweise seit Generationen hier leben; als Hispanics jene, die aus derselben Region kommen, als Muttersprache aber nach wie vor Spanisch angeben. Naturgemäß gibt es viele Überschneidungen zwischen den beiden Gruppen, in ihrem Wahlverhalten und seinem Gewicht in den einzelnen Bundesstaaten aber auch viele Unterschiede.
Ausgehend von den am Morgen nach dem Wahltag vorliegenden Zahlen blieb im Vergleich zu 2016 entsprechend vieles, wenn nicht praktisch alles beim Alten. In Florida profitierten die Republikaner von einem signifikanten Anteil an aus Kuba und Venezuela stammenden und wahlberechtigten Latinos und Hispanics.
Trump punktet in Florida
Im sogenannten "Sunshine State" gelang es Biden nicht, genügend Latinos und Hispanics mit nicht-kubanischem oder nicht-venezolanischem Hintergrund von seinen Qualitäten zu überzeugen.
Wähler aus Puerto Rico und eingebürgerte Zuwanderer aus der Dominikanischen Republik, die ersten Ergebnissen zufolge zu fast zwei Drittel für ihn stimmten, machten wie schon 2016 nicht das Zünglein an der Waage aus - im Gegensatz zu jenen Weißen mit wenig bis nicht existenter Bildung in Florida, die diese Rolle, wie schon 2016, dankbar ausfüllten.
In etwa das gleiche Bild zeichnete sich in Texas ab. Ein Gutteil der Hoffnung der Demokraten, den "Lone Star State" erstmals seit den Präsidentschaftswahlen 1976 blau einzufärben, erwies sich einmal mehr als Wunschdenken.
Latinos leben in der Stadt
Was auch daran lag, dass die breite Mehrheit der dort lebenden Latinos und Hispanics mit mexikanischem oder mittelamerikanischem Migrationshintergrund in den urbanen Zentren lebt. Dem bundesweiten Trend folgend, stellt sich das Stadt-Land-Gefälle in Texas extrem dar - und einmal mehr stellte sich heraus, dass auch eine überproportional engagierte Minderheit nichts ausrichten kann, solange die am Land lebende, so weiße wie bildungsferne Mehrheit imstande ist, in Summe mehr Stimmen aufzustellen als sie.
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Das exakt gleiche Bild bot sich nach Stand Mittwochmorgen - wie schon 2016 - in praktisch jedem anderen Bundesstaat, in dem Latinos und Hispanics einen zwar weniger bedeutenden, aber trotzdem signifikanten Bevölkerungsanteil stellen. Allen voran in North Carolina und Georgia. Der einzige Bundesstaat, in dem es den Demokraten gelang, derart viele Angehörige der Minderheit zu motivieren, dass es zum Sieg für ihre Kandidaten reichte, war der gleiche, dessen Mehrheitsverhältnisse sich als potenziell wahlentscheidend erweisen werden: Arizona.
Wählermacht im Wartestand
Auch wenn am Ende des Wahltags noch nicht genau feststand, in welchem Ausmaß genau ihre Stimmen den Ausschlag gaben, ließ sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen, dass ohne sie Biden weder den Bundesstaat noch der liberale Kandidat Mark Kelly einen bisher verlässlich den Republikanern gehörenden Senatssitz erobern hätte können.
Was den Rest des Landes angeht, lautet das Fazit entsprechend zweischneidig: Latinos und Hispanics haben angedeutet, welchen Unterschied sie machen können - aber, und das ist die Crux nach Stand Mittwoch, eben nur angedeutet.