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Noch viel Arbeit für die CIA-Reformer

Von David Ignatius

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Der Autor war Chefredakteur der "International Herald Tribune". Seine Kolumne erscheint auch in der "Washington Post".

Als General Michael Hayden vor sechs Monaten zum CIA-Direktor ernannt wurde, war es seine Aufgabe, einen sehr unruhig gewordenen Geheimdienst zu beruhigen, ihn aus den Schlagzeilen zu bringen und seine Professionalität neu aufzubauen. Wie steht es nun damit?


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Hayden hat sich mittlerweile in der CIA häuslich niedergelassen und ihm bereits seinen militärischen Stempel aufgedrückt. Er trägt noch immer seine blaue Air-Force-Uniform und über seinem Schreibtisch hängt ein Bild eines Kampfflugzeugs. Er macht - wie CIA-Mitarbeiter und Ausländer, die nahe mit der CIA zusammenarbeiten, sagen - vieles gut. Vor allem sein Kommunikationsstil gegenüber den Mitarbeitern, die nach den vielen Jahren als politischer Fußball noch immer mit blauen Flecken übersät sind, wird gelobt. Gelegentlich bringt er seine Frau in die CIA-Kantine mit, holt einen Salat und sucht einen freien Platz. Für einen völlig neurotisierten Geheimdienst ist dieser liebevolle Führungsstil eine positive Entwicklung.

Aber noch immer gibt es sehr viel in der CIA, das Hayden reparieren muss. Mitarbeiter anderer Geheimdienste sagen, dass die Qualität der CIA-Analysen zu sehr variiere, von prächtig bis sehr durchschnittlich. Und CIA-Mitarbeiter im Außendienst klagen über die Bürokratie, die diejenigen bestrafe, die bereit sind, Risiken einzugehen, und nur die belohne, die immer auf Nummer sicher gehen. So sollen sich für einen bequemen Nobelposten in Skandinavien sehr viele beworben haben, aber kaum jemand für die Arbeit in Bagdad, Kabul oder Islamabad.

Hayden verspricht, alles in Ordnung zu bringen, was die CIA schwächt. Seinen Stellvertreter Steve Kappes hat er ermutigt, den Plan zügig voranzutreiben, wonach mehr CIA-Mitarbeiter aus den Botschaften genommen werden sollen, um getarnt in nichttraditionellen Bereichen zu arbeiten. Bisher hat zwar, wie man hört, noch kein CIA-Mitarbeiter, auch keiner der erfahrensten, irgendetwas davon bemerkt, aber das könnte ja gerade ein Hinweis darauf sein, dass der Plan sehr erfolgreich läuft.

Auch die Vorgangsweise beim Erstellen von Analysen, die im Fall der nicht vorhandenen irakischen Massenvernichtungswaffen so kläglich versagt hat, will Hayden ändern. Das wird die größte Herausforderung für den CIA-Chef: Glanz und Ruhm eines Geheimdienstes neu aufzubauen, der schon zu oft als mittelmäßig gerügt wurde. Um das zu schaffen, muss er allerdings dem Druck des Kongresses standhalten, der bisher davon ausgegangen ist, dass mehr immer besser ist.

Hayden sagt, es werde ein hartes Stück Arbeit, die Qualität eines Geheimdienstes zu sichern, der zu 40 Prozent aus Mitarbeitern besteht, die erst in den letzten fünf Jahren dazugekommen sind, also noch nicht sehr viel Erfahrung haben.

Die CIA ist im Moment in vielerlei Hinsicht zu groß und zu aufgedunsen. Zum Beispiel in Bagdad sollen mehr als 600 CIA-Mitarbeiter stationiert sein, aber kaum einer von ihnen bewegt sich jemals aus der Sicherheitszone. Zumindest die jüngeren unter ihnen sollen sehr frustriert über diesen Zustand sein und es hassen, den US-Soldaten beim Kämpfen und Sterben (und dem Irak bei seinem Untergang) hilflos zusehen zu müssen.

"Dieser Geheimdienst befindet sich im Krieg", sagt Hayden - und zur Abwechslung einmal nicht mit sich selbst. Er hat schon viel von dem Schaden, den sein Vorgänger angerichtet hat, aufgearbeitet. Und um mit den gegenwärtigen Schwierigkeiten fertig zu werden, brauchen wir in den USA genau das, was uns wohl etwas gegen den Strich geht, nämlich einen wirklich großartigen Geheimdienst, der kraftvoll und unsichtbar arbeitet - und legal.

Übersetzung: Hilde Weiss