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Noch exakt vier Wochen bis zum Wahlsonntag am 1. Oktober. Höchste Zeit also, dass es jetzt aber wirklich losgeht mit dem Wahlkampf. Die Ferien sind - zumindest in Ostösterreich - vorbei, der Alltag hat die Menschen wieder fest im Griff. Die wahlkämpfenden Parteien, von denen die ÖVP am heutigen Samstag als letzte offiziell in die Schlacht um Wählerstimmen zieht, haben auf diesen Moment sehnlichst gewartet, hoffen sie doch, dass nun endlich die Köpfe der Bürger frei und empfänglich sind für ihre Botschaften und Themen.
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Allerdings: Sehr viel haben die Akteure bislang noch nicht zur Klärung ihrer inhaltlichen Positionen beigetragen. Außer öden Koalitionsspekulationen, vagen Entlastungsversprechen und waghalsigen Simplifizierungen komplexer Zusammenhänge war bis jetzt noch nicht viel. Dennoch lichten sich langsam die Nebel über den strategischen Ausgangspositionen der Parteien.
Da wäre zum einen einmal die ÖVP. Die Kanzlerpartei ging dank Bawag und ÖGB mit viel, vielleicht zu viel Selbstvertrauen in diesen Sommer. Acht Wochen später führt sie zwar immer noch in den Umfragen, hat aber einige empfindliche Rückschläge einstecken müssen. Die ORF-Niederlage und die in ihrer Dynamik für die ÖVP unglücklich verlaufene Pflegedebatte haben eben ihre Spuren hinterlassen. Hinzu kommt, dass sich sämtliche Parteien auf die Kanzlerpartei eingeschossen haben. Das gehört zum Schicksal eines Favoriten und bietet immerhin die Möglichkeit, die Wahl zu einer Entscheidung "Alle gegen die ÖVP" hochzustilisieren. Und das hebt die Motivation der Funktionäre.
Die SPÖ konnte ihr Pech vor dem Sommer fast schon gar nicht mehr fassen. Die Bawag-/ÖGB-Affären haben die zuvor schon siegessichere Partei in längst überwunden geglaubte Abgründe gestürzt. Ein bisschen Oberwasser brachte erst der verregnete August mit seiner Pflegedebatte, deren sozialer Aspekt der Kernkompetenz der SPÖ zugute kommt. Ihr Ziel bis zum Wahltag wird es sein, die führende Kanzlerpartei nicht wieder aus den Augen zu verlieren, um dann in den entscheidenden letzten Tagen glaubwürdig das Kanzler-Duell ausrufen zu können.
Eine Besonderheit dieses Wahlkampfs ist die große Zahl linker Parteien: Mit SPÖ. Grünen, KPÖ und Liste Martin werben gleich vier Parteien um die Gunst dieses Wählersegments. Darunter dürften vor allem die Grünen leiden, denen die Duell-Strategie der SPÖ versagt bleibt. Hinzu kommt, dass in der Steiermark die Kaltenegger-KPÖ massiv in deren Gefilden wildert. Auch Hans-Peter Martin wird Mühe haben, in der entscheidenden Phase im Getöse rund um das Kanzler-Duell nicht ins Aufmerksamkeitsloch von Medien und Wählern zu fallen.
Eine wohl nicht wiederkehrende Pointe dieses Wahlkampfs dürfte wohl das Brüder-Duell im freiheitlichen Lager bleiben. Diese wird mit aller, auch juristischen Härte ausgetragen. Dem Verlierer bleibt wohl nur, das Feld zu räumen.