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Noch wenig Sympathie für die neuen Steuerlager ab dem Jahr 2000

Von Alfred Abel

Wirtschaft

"Vereinfacht wird da gar nichts", meint der Herr von der Steuerreformkommission, der es wissen muss. Was demnächst in Kraft tritt, ist zwar auf eine sogenannte "Vereinfachungsrichtlinie" des EU- | Rates zurückzuführen. Und die Reformkommission hat sich seinerzeit auch positiv dazu geäußert. Ob die neue Maßnahme in der heimischen Praxis auch angenommen wird, bleibt freilich abzuwarten; die | Erfahrungen in anderen EU-Ländern sind durchaus umstritten. Die neue Maßnahme: ab kommendem Jahr beschert uns das Steuerreformgesetz 2000 die neuen "Steuerlager".


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Irgendwie erinnert das alles an die Zollfreizonen früherer Jahre. Irgendwie ähnlich sind die neuen Steuerlager auch konzipiert. Sie sind inländische Zonen, in denen bestimmte (Inlands-) Umsätze

mit bestimmten Gütern unter bestimmten Voraussetzungen umsatzsteuerfrei bleiben dürfen.

Zone für USt.-freie Umsätze

Das Konzept: Ein Unternehmer liefert bestimmte Waren in die Zone ein (vorzugsweise durch Import aus dem Ausland, möglicherweise aber auch aus dem Inland). Er lagert die Güter dort, konfektioniert

sie (oder auch nicht), verkauft sie (womöglich auch mehrmals) an inländische oder ausländische Unternehmer. Und all das passiert vielleicht, ohne dass sich die betreffenden Güter in der Zone

überhaupt vom Fleck gerührt haben.

Irgendwann anschließend werden die Lager-Güter dann aus der Zone herausgebracht. Erst dann werden sie mit der heimischen Umsatzsteuer (USt) belastet · oder auch nicht, wenn sie etwa im steuerfreien

innergemeinschaftlichen Verkehr in ein anderes EU-Land oder per Ausfuhrlieferung in ein Drittland entschwinden. Oder einfach in ein anderes USt-freies Steuerlager überwechseln.

Be- und Verarbeitung sind steuerfrei

Was in der Zone sonst noch läuft, ist · solange es innerhalb einer Unternehmerkette passiert · gleichfalls steuerfrei: die Güter können dort nicht bloß gelagert und weiterverkauft, sondern auch

verändert, verbessert, in andere Mengen zerlegt und umgepackt werden. Prozesse, die man früher mit dem einfachen Begriff "Be- und Verarbeitung" belegt hätte. Auch diese "sonstigen Leistungen" dürfen

nach dem neu eingeführten § 24 b UStG steuerfrei sein.

Neuregelung durch Verordnung

Das Umsatzsteuergesetz (in der ab 2000 novellierten Fassung) überlässt die neue Befreiungsbestimmung im Detail einer vom Finanzministerium zu veröffentlichenden Verordnung, mit der die EU-

Richtlinie in heimisches Recht umgesetzt werden soll.

Nach dem Wortlaut der Verordnung, die derzeit im Entwurf vorliegt und der wie üblich ein ausführlicher Durchführungserlaß folgen soll, sollen folgende Umsätze zwischen Unternehmern

umsatzsatzsteuerfrei gestellt werden: die Lieferungen von bestimmten Waren und Rohstoffen in ein Steuerlager (einschließlich dem innergemeinschaftlichen Erwerb) und die Lieferungen dieser Güter

innerhalb der Lagerzone selbst; die mit diesen Umsätzen zusammenhängenden sonstigen Leistungen zur Lagerung, Erhaltung, Verbesserung der Aufmachung und Handelsgüte oder zur Vorbereitung ihres

Vertriebs oder Weiterverkaufs.

Begünstigte Warentermingeschäfte

Die bestimmten Waren und Rohstoffe, die sich der steuerfreien Umsetzung und der damit verbundenen Nebenleistungen erfreuen dürfen, sind in einer Anlage zur Verordnung taxativ aufgezählt. Sie

umfassen Metalle (wie Kupfer, Aluminium, Zinn und Zink, Blei, Nickel, usw.), ferner landwirtschaftliche Güter (Getreide, Sojabohnen, Oliven, usw.); auch Kaffee, Tee, Kakao, Rohzucker, Wolle,

chemische Produkte, Mineralöle, Kartoffeln und verschiedene andere pflanzliche Stoffe.

Die Art der begünstigten Güter deutet schon darauf hin, welche Art von Umsatzgeschäften in den neuen Steuerlagern vorkommen und welche (vor allem ausländische) Unternehmer hier aktiv werden könnten.

Die neue Befreiungsvorschrift begünstigt vor allem den commodity trade, den Bereich der Warentermingeschäfte (einschließlich der Warenterminspekulation). Es sind daher auch in erster Linie

ausländische Händler, die, ohne hier ansässig zu sein (und daran auch kaum Interesse haben werden), Waren- und Rohstoffumsätze machen können, ohne diese gegenüber den heimischen Steuerbehörden

deklarieren zu müssen.

Beschränkte Aufzeichnungspflichten

Entsprechend der EU-Richtlinie sind nämlich weder irgendwelche Bestimmungen zur Erfassung der in der Zone agierenden Unternehmer vorgesehen, noch besondere Aufzeichnungs- oder Erklärungspflichten

über die lagerinternen Liefergeschäfte. Erst beim Verlassen der Güter aus dem Steuerlager, bei der sogenannten Auslagerung, kann der heimische Fiskus wieder steuerträchtig zupacken, nämlich dann,

wenn die betreffenden Güter in den heimischen Wirtschaftskreislauf eingeschleust werden oder direkt an den Endverbraucher gelangen sollen.

Pflichten der Lagerhalter

Die organisatorische Einrichtung eines Steuerlagers (ein Grundstück, ein Gebäude, ein Lagerraum) kann von jedem Unternehmer bei der Finanzbehörde beantragt werden; dabei kann es sich um einen

professionellen Lagerhalter handeln oder auch um einen Unternehmer, der einfach die begünstigten Güter für sein Unternehmen lagern will; als Lagerhalter muss er aber jedenfalls inländischer

Unternehmer sein.

Der Lagerhalter muss die in die Zone eingebrachten Waren (auch die in der Zone erbrachten Nebenleistungen) und die ausgelagerten Waren aufzeichnen; ferner muss er die Identität des Einlagerers und

jene des Auslagerers (bei letzterem auch dessen inländische USt-Identifikationsnummer) festhalten. Eine umsatzsteuerrechtliche Haftung trifft ihn nur dann, wenn die Menge der eingelagerten und später

wieder ausgelagerten Güter nicht in Übereinstimmung zu bringen ist.

Systemwidrige Pflichtübung

Die offenbar wenig geliebte Neuregelung im Umsatzsteuerrecht hat in der Fachliteratur bisher kaum Beachtung gefunden. In der Wirtschaft kann man sich eine zusätzliche "Standortattraktivität

Österreichs als Logistikzentrum" vorstellen. Im Ministerium hält man die neue umsatzsteuerliche Steuerbefreiungsbestimmung eher für systemwidrig und befürchtet Schwierigkeiten bei der

organisatorischen Praxis. Kein Wunder also, dass es immerhin mehr als fünf Jahre gedauert hat, bis man die EU-Vereinfachungsrichtlinie aus 1995 ohne besondere Sympathie nun in heimisches Recht

umsetzen will.