Zum Hauptinhalt springen

Norbert Hofers "bunte Mischung"

Von Werner Reisinger

Politik

Zuversicht bei Schlusskundgebung Norbert Hofers am Wiener Viktor-Adler-Platz.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 9 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. "Immer wieder Österreich", schallt die FPÖ-Hymne der "John Otti Band" am späten Freitagnachmittag über den Viktor-Adler-Markt. Der Andrang ist schon am späten Nachmittag groß, es gibt Grillwurst und das Bier fließt in Strömen. Das Publikum auf Norbert Hofers Abschlusskundgebung könnte gegensätzlicher nicht sein. Viele Stammwähler sind gekommen, Menschen aus dem unteren sozialen Drittel der Gesellschaft, Menschen die gemeinhin gerne als "Moderisierungsverlierer" eingestuft werden. Darunter erstaunlich viele Jungfamilien mit migrantischem Hintergrund, Pensionisten. Immer wieder aber stolzieren ältere Herren im Anzug durchs Publikum, die nicht recht in die Szenerie passen wollen. Einzig ihre Schmisse zeigen, dass auch sie Teil der Bewegung sind, die FPÖ-Vizebürgermeister Johann Gudenus auf der Bühne beschwört.

"White Pride Hungary" und migrantische Unterschicht

Am Rande der Szenerie passiert ein junger Mann mit schwarzem Hut und Lederjacke die Kundgebung, die Polizisten halten ihn auf und fordern seinen Ausweis. Wieso, will er wissen. "Wir wollen, dass diese Veranstaltung friedlich und ungestört abläuft. Sie sehen nicht aus, wie das Klientel hier – haben Sie etwas bei sich, was nicht erlaubt ist, Rauschgift, zum Beispiel?" Nein, hat er nicht. Während der Kontrolle passiert eine Gruppe junger Männer die Szene, "White Pride Hungary" ist auf dem Pullover eines der Burschen zu lesen. Sie bleiben unbehelligt. Journalisten und die zahlreichen Kamerateams werden skeptisch beäugt. "Ihr müsst wissen: Schon nach dem Krieg waren es die Schwarzen und die Blauen, die Österreich den Wohlstand gesichert haben", versucht ein Hofer-Fan zu überzeugen. Geschichtsstunde, die blaue Variante.

Vor einem Würstelstand sitzen zwei ältere Damen, eine davon trägt eine grüne Tasche. "Bio Macht schön" ist darauf zu lesen. In gebrochenem Deutsch erklären sie der "Wiener Zeitung", wieso sie Hofer ihre Stimme geben werden. Ihr ganzes Leben hätten sie hart gearbeitet, sagen die beiden Frauen. Jetzt müssten sie mit rund 1000 Euro Pension auskommen. "Die Muslime aber, die zu uns kommen, die bekommen weit mehr. Je mehr Kinder die bekommen, desto mehr Geld kriegen sie. Mein Mann ist krank. Wie soll ich mit dem bisschen Geld auskommen?"

Der Tenor bei den Pensionisten ist ähnlich. "Landstraße für Hofer", ist auf dem Schild eines älteren Herren zu lesen. "Glauben Sie wirklich, wir wissen nicht, wieviel Mindestsicherung die (Flüchtlinge, Anm.) bekommen?" Bemerkenswert die Begründung der Pensionistengruppe, wieso gerade Hofer das höchste Amt im Staat bekleiden sollte. "Weil er jung ist. Schauen sie sich den Van der Bellen an. Der gehört ins Altersheim!" Klar, Rudolf Kirchschläger sei auch nicht mehr der Jüngste gewesen, als der das Amt antrat. "Aber Kreisky und Kirchschläger, das waren die besten", pflichtet eine ältere Dame bei. Das schlimmste seien "diese Weiber", die unter anderem die Grünen aufbieten würden. Und dass Christian Kern nun auch noch "eine von denen" in sein Team geholt habe, sei überhaupt untragbar.

"Freie Medien, anders als in der Türkei!"

Wie denken jüngere Hofer-Fans über den Ausgang der Stichwahl? Zwei junge Frauen Mitte Zwanzig sind sich sicher: Alexander Van der Bellen wird das Rennen machen. Warum? "Abseits von denen, die schon im ersten Wahlgang Hofer gewählt haben, wird es wenig zusätzliche Stimmen geben", sind sich die beiden jungen Frauen aus Pichl bei Wels in Oberösterreich sicher.

Schließlich betritt Hofer die Bühne. Er hat Tränen in den Augen. "Ich habe einen schwierigen Wahlkampf hinter mir. Einen sehr schwierigen. Aber ihr tragt mich wie eine Welle!" Unter "Hofer, Hofer!" – Rufen redet der FPÖ-Präsidentschaftskandidat über die Bedeutung freier Medien, über deren Existenz er trotz "unfairer" ORF-Moderatoren froh sei – denn in der Türkei gebe es keine freien Medien mehr. Von derartigem medialen Gegenwind lasse er sich aber nicht beeindrucken: "Je mehr Druck aufgebaut wird, desto ruhiger werde ich, desto stärker werde ich." Dann folgen Hofers altbekannte Positionen aus dem Wahlkampf. Ein starkes Europa der Nationen, direkte Demokratie nach schweizer Vorbild, der EU-Flüchtlingsdeal mit der Türkei. Diejenigen, die "schon hier sind und hier Arbeit gefunden haben", seien aber willkommen, sagt Hofer. Er erntet nur verhaltenen Applaus. "Danke schön, und alles Gute!", beendet Hofer seine letzte Rede. "immer wieder Österreich", erklingt aus den Lautsprechern.