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Wien - Das tschechisch-österreichische Verhältnis ist massiv belastet. Aber der EU-Beitritt wird dazu beitragen, dass sich die Beziehungen schon bald normalisieren. Darüber war sich eine Diskussionsrunde u. a. mit Karl Schwarzenberg und Barbara Coudenhove-Kalergi am Mittwochabend bei einer Veranstaltung in der Evangelischen Akademie Wien einig.
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Aus Prag gekommen war der evangelische Theologe Jiri Silny. Auf die nationale Karte zu setzen, sei kein guter Ansatz, um Probleme der heutigen Zeit zu lösen, glaubt er. In Mitteleuropa gebe es aber leider die Neigung dazu, "provinziell zu denken". Große Hoffnungen setzt Silny in den anstehenden Beitritt Tschechiens zur EU. "Viele Spannungen zwischen unseren beiden Ländern werden sich dann wie ganz natürlich auflösen." Es sei eine wichtige Aufgabe der Union, dass alte historischen Konflikte verarbeitet werden können.
Es handle sich um einen langen Prozess gegenseitigen Missverstehens zwischen Österreich und seinem Nachbarn, betonte Barbara Coudenhove-Kalergi, die erst vor kurzem gemeinsam mit Oliver Rathkolb das Buch "Die Benes-Dekrete" herausgegeben hat. "Aus der Geschichte heraus werden die Tschechen hierzulande oft noch als ein uns unterworfenes Volk angesehen. Das Erbe des tschechischen Dienstboten rund um die Jahrhundertwende wirkt nach". Kommen heute aus Prag Forderungen, sei meist von "erfrechen" die Rede. "Ein Ausdruck, der wohl nicht so schnell einem anderem Volk gegenüber verwendet wird."
Karl Schwarzenberg ging auf die Rolle der Kirchen ein und kritisierte hierbei insbesondere die tschechischen katholischen Würdenträger. "Seit 1945 ist von dieser Seite kaum ein klares Wort zu den Vertreibungen nach dem Krieg gekommen." Die Kontakte zwischen den Kirchen auf beiden Seiten seien generell mager gewesen. Dies bestätigte auch der evangelische Bischof von Österreich, Herwig Sturm. Gerade die bilateralen Spannungen der letzten Monate und Jahre hätten aber zu einem Umdenken geführt. So gebe es beispielsweise Treffen der Ökumenischen Räte der beiden Länder. "Oft kommt dann die Frage: ,Warum habt ihr so lange gewartet?' Ich weiß es selber nicht. Doch die Kontakte haben uns alle bereichert. Wir haben die gleiche Idee: Über Grenzen hinweg Brücken schlagen."