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Normen machen die Welt praktischer

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Wirtschaft

Wichtig für das alltägliche Leben und den Klimaschutz. | Grenzfall: Normen für Dienstleistungen, Managementsysteme. | Brüssel. Standards und Normen haben in der EU eine lange und schillernde Geschichte. Ein schönes Beispiel war die EU-Marktverordnung zur Gurkenkrümmung, die nur recht geradem Gemüse seine Eignung für den Handel zugestand. Lange das Gespött für die Überregulierung der EU, hatte sie doch erfüllt, was ein Standard oder eine Norm erzielen sollen: "Sie soll ein Problem lösen können, etwa den Warenaustausch oder die Kompatibilität von Produkten verbessern", sagte ein Experte.


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Das ist, einfach gesagt, die Natur einer Norm, die anhand hoch komplizierter juristischer und technischer Verfahren verliehen wird.

Im Grunde habe jeder das Recht, eine Norm zu initiieren, hieß es weiter. Auf EU-Ebene gibt es die Sonderform, dass die EU-Kommission die Lösung eines Problems in Auftrag gibt. Dann vergibt sie ein sogenanntes Mandat an eines der Europäischen Normungskomitees wie das CEN. Dort feilen die Experten etwa seit letztem Herbst an Industriestandards für Dichtungsmasse in Fußwegen und Gebäuden. Gemäß der EU-Norm sollen sie etwa sehr widerstandsfähig gegen Alterung, niedrige und hohe Temperaturen und UV-Strahlen sein. Gleichzeitig dürfen sie nicht brennbar, umwelt- oder gesundheitsschädlich, müssen aber resistent gegen Schimmel sowie wasser- und luftdicht sein.

Diese Vorgaben versuchen die CEN-Mitarbeiter in einem Standard unterzubringen. Eine ähnliche Herausforderung steht ihnen bei der Ausarbeitung einer Norm für Biomethan bevor, welche die Kommission nicht einfach so in Autotanks und Pipelines füllen lassen will. Dabei handelt es sich um Biotreibstoffe der zweiten Generation, die zur Erfüllung der Klimaschutzziele beitragen sollen, heißt es im Brief an das Normungskomitee. Dieses arbeitet in der Regel eng mit der Industrie zusammen.

Standards für Zähler und Energienetze

Diese gemeinsame Arbeit soll beschleunigt werden, haben die EU-Staats- und Regierungschefs erst unlängst gefordert. Und zwar für die Etablierung von technischen Standards von Ladesystemen für Elektrofahrzeuge bis Mitte 2011, eine Grundvoraussetzung für künftig flächendeckende E-Mobilität. Und bis Ende 2012 soll es die Standards auch für intelligente Energienetze und Zähler geben. Die Versorgungssicherheit der Union mit Energie, der massive Aufbau erneuerbarer Energien und der Energiebinnenmarkt sind von der Vorarbeit der Normungsexperten abhängig.

Von diesen klassischen Anwendungsfällen weg gebe es immer wieder Verfahren, um Dienstleistungen oder Managementsysteme normieren zu wollen, berichtet ein Experte. Das sei jedoch höchst sensibel, weil in diesen Bereichen oft fast eine Konkurrenz zum Gesetzgeber bestehe - vor allem wenn eine Norm in Privat- oder Vertragsrecht eingreifen könnte. Ein Beispiel für einen solchen Grenzbereich könnten Franchise-Systeme sein.

Detail am Rande: Derzeit suchen die Tüftler gerade nach einem EU-Standard für Halal-Produkte, schreibt das Fachblatt "Connex". Nicht weniger als 600 Milliarden Euro würden in Europa mit Lebensmitteln umgesetzt, die nach islamischem Recht verzehrt werden dürfen.