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(Noten-)Banken als Klimaretter?

Von Erhard Fürst

Gastkommentare
Erhard Fürst war Leiter der Abteilung Industrie- und Wirtschaftspolitik in der Industriellenvereinigung.

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Im Zuge der überbordenden Klimadebatte werden wir täglich mit neuen, guten und weniger guten Vorschlägen zum Klimaschutz überschwemmt. In jüngster Zeit gewinnt die Idee an Popularität, Notenbanken und andere Finanzmarktakteure für die Klimapolitik in die Pflicht zu nehmen. So wurde auf Initiative des britischen Notenbankgouverneurs ein Netzwerk von 46 Notenbanken und Finanzmarktregulatoren gegründet: das Network for Greening the Financial System. Die neue Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, hatte bei einem Hearing im Europäischen Parlament hohe Priorität für Klimapolitik in der EZB versprochen. Diese könnte zum Beispiel vermehrt "grüne" Anleihen kaufen, sobald es eine anerkannte einheitliche Definition für solche Produkte gäbe.

Tatsächlich arbeitet die Europäische Kommission bereits an der Taxonomie zur Klassifizierung nachhaltiger Wirtschaftsaktivitäten, wobei Forderungen laut werden, den Begriff "nachhaltig" um die Dimensionen "soziales Verhalten" und "good governance" von Unternehmen zu erweitern und damit inoperational zu machen. Die großen internationalen Ratingagenturen wittern bereits neue Marktchancen im Bereich der ökosozialen Ratings.

Letztlich gäbe es für Banken unterschiedliche Kapitalunterlegungspflichten je nach Nachhaltigkeitsbeurteilung ihrer Kreditkunden und deren Projekte. Auch Versicherungen und Anlagefonds könnten sich solchen Kriterien in ihrer Veranlagungspolitik wohl nicht entziehen. Spätestens hier muss die Assoziation mit Chinas Wohlverhaltenskontrollsystem für Bürger aufkommen.

Es ist unbestritten, dass Banken und andere Finanzinstitutionen das Klimarisiko in ihre Geschäftsentscheidungen adäquat einbeziehen müssen und dafür zusätzliche externe Informationen benötigen. Selbstverständlich muss es für Konsumenten garantierte und kontrollierte Kennzeichnungen für nachhaltige Veranlagungsprodukte geben. Es ist aber - wehret den Anfängen - davor zu warnen, unser erfolgreiches marktwirtschaftliches System inklusive privater Investitionsrisikoentscheidungen durch eine umfassende staatlich-administrative Lenkung von Finanzierungsströmen und Investitionen auf Basis fragwürdiger Kriterien zu zerstören.

Die Europäische Investitionsbank etwa erwägt, sich aus der Finanzierung von Erdgasprojekten zurückziehen. Damit konterkariert sie für die nächsten Jahrzehnte das zentrale Ziel der Energieversorgungssicherheit Europas. Ist ein AKW grün? Für Frankreich ja, für Deutschland nein. Sollte man der Voest eine leistbare Finanzierung für ein neues Werk in Österreich trotz der hierzulande hohen Umweltstandards verunmöglichen?

Eines sollte jedenfalls außer Streit gestellt sein: Notenbanken und Finanzmarktregulierer haben kein demokratisches Mandat, Klimapolitik mit ernsten industrie- und beschäftigungspolitischen Auswirkungen zu betreiben oder andere nichtökonomische Zielsetzungen zu verfolgen und diese den Banken und sonstigen Finanzinstitutionen aufzuerlegen.